Lysin – Funktionen
Im Anschluss an die Absorption wird Lysin über Transportproteine in die Hepatozyten (Leberzellen) der Leber eingeschleust. Die Leber ist für den intermediären Protein- und Aminosäurestoffwechsel von herausragender Bedeutung – ähnlich wie bei den Kohlenhydraten und Lipiden. Da die Leber anatomisch gesehen zwischen Darm und unterer Hohlvene lokalisiert ist, ist sie in der Lage, in die Aminosäure-Homöostase einzugreifen und die Aminosäure-Versorgung peripherer Organe und Gewebe unabhängig von der Nahrungszufuhr zu regulieren.
In den Hepatozyten können alle Reaktionen des Aminosäurestoffwechsels ablaufen. Im Vordergrund steht die Proteinbiosynthese (Neubildung von Protein), die kontinuierlich an den Ribosomen des rauhen endoplasmatischen Retikulums (rER) jeder Zelle abläuft. Etwa 20 % der aufgenommen Aminosäuren werden für die Proteinbildung verwendet. Die Syntheseleistung ist nach einer hohen Proteinzufuhr gesteigert [10, 17].
Lysin wird für die Bildung folgender Proteine benötigt [10]:
- Strukturproteine, wie Kollagen, das Bestandteil zellulärer Membranen ist und der Haut, dem Knochen sowie dem Bindegewebe in Knorpel, Sehnen und Bändern die notwendige mechanische Stabilität verleiht
- Kontraktile Proteine – Aktin und Myosin ermöglichen die Beweglichkeit der Muskulatur
- Enzyme, Hormone – Steuerung des Stoffwechsels
- Ionenkanäle und Transportproteine in Zellmembranen – Durchtritt hydrophober beziehungsweise lipophiler Moleküle durch die biologische Zellmembran
- Plasmaproteine – Proteine, die im Blut Stoffe zwischen den Geweben und Organen transportieren, wie zum Beispiel Lipoproteine (Transport von Lipiden), Hämoglobin (Transport von Sauerstoff), Transferrin (Transport von Eisen) und Retinol-bindendes Protein (Transport von Vitamin A); das Plasmaprotein Albumin ist neben dem Stofftransport im Blut auch für die Aufrechterhaltung des onkotischen Drucks zuständig
- Blutgerinnungsfaktoren, wie Fibrinogen und Thrombin, die sowohl an der extrinsischen als auch intrinsischen Blutgerinnung sowie an Schutz- und Abwehrreaktionen des Organismus beteiligt sind
- Immunglobuline beziehungsweise Antikörper – Schutz und Abwehr vor Fremdstoffen
Neben der Proteinbiosynthese ist Lysin für folgende Prozesse unerlässlich [1, 10]:
- Quervernetzung von Kollagenfasern in Form von Hydroxylysin
- Bildung biogener Amine
- Synthese von L-Carnitin
Hydroxylierung von Lysin während der Kollagen-Biosynthese
Im Anschluss an die Proteinbiosynthese aus der mRNA – posttranslational – können einzelne, im Protein integrierte Aminosäuren enzymatisch und nicht-enzymatisch modifiziert werden. Solche strukturellen Veränderungen haben Auswirkungen auf die funktionellen Eigenschaften der Proteine [10].
Von besonderer Bedeutung ist die posttranslationale Modifikation von Lysin und Prolin in den Fibroblasten des Bindegewebes [1, 10].
Nach der Biosynthese einzelner Kollagen-Polypeptidketten an den Ribosomen des rER gelangen diese in das Lumen des ER der Fibroblasten – Zellen des Bindegewebes. Dort werden einige Lysin- beziehungsweise Prolinreste der Kollagenmoleküle durch Hydroxygenasen modifiziert. Hydroxygenasen stellen Enzyme mit einem zweiwertigen Eisen-Atom im aktiven Zentrum dar, die ihren Substraten, in diesem Fall Lysin oder Prolin, eine Hydroxyl (OH)-Gruppe anhängen. Diese OH-Gruppe ist für die Funktionalität des Kollagens als Strukturprotein ganz entscheidend.
Parallel zu den Hydroxylierungsreaktionen werden im Lumen des ER durch Ausbildung von Wasserstoffbrücken- und Disulfidbrückenbindungen drei Kollagen-Polypeptidketten miteinander verbunden, sodass ein dreisträngiges Helixmolekül – Tripelhelix –, das Prokollagen entsteht. Jede Kollagen- beziehungsweise Tripel-Helix kann in Abhängigkeit des Kollagentyps aus 600 bis 3.000 Aminosäuren zusammengesetzt sein.
Im Anschluss wird das Prokollagen, das zum Teil hydroxylierte Lysin- und Prolinreste aufweist, vom ER zum Golgi-Apparat der Fibroblasten transportiert. Im Golgi-Apparat wird dem kollagenen Hydroxylysin Zuckerreste, wie Glucose und Galactose, angehängt. Die Bindung erfolgt zwischen der OH-Gruppe des Hydroxylysins und der OH-Gruppe des Zuckers unter Abspaltung von Wasser – O-glykosidische Bindung. Infolge dieser O-Glykosylierung kommt es zur Bildung von Glykoproteinen, die bei der Proteinfaltung helfen beziehungsweise die Stabilität des Kollagens erhöhen.
Die Hydroxylierung von Prolin zu Hydroxyprolin führt vor allem zu einer größeren Zugfestigkeit und Stabilität der Kollagen-Tripelhelix.
Das Prokollagen wird vom Golgi-Apparat aus in sekretorische Vesikel eingebaut, zur Zellmembran eines Fibroblasten transportiert und durch Exozytose (Verschmelzung der Vesikel mit der Membran) in den extrazellulären Raum entlassen. In der Folge lagern sich einzelne dreisträngige Kollagen-Moleküle zu Kollagen-Fibrillen zusammen (Fibrillogenese). In einem weiteren Schritt kommt es zur kovalenten Quervernetzung der Kollagen-Fibrillen unter Ausbildung von Kollagenfasern, wobei die Quervernetzung an bestimmten Lysin- und Hydroxylysinresten erfolgt [1, 10, 17, 18].
Definitionsgemäß werden nur tripelhelikale Moleküle der extrazellulären Matrix als Kollagene bezeichnet. Zurzeit sind 28 Kollagentypen bekannt (Typ I bis XXVIII), die bestimmten Kollagenfamilien angehören, wie beispielsweise den Fibrillären, Netzbildenden oder Perlenschnurartigen Kollagenen.
Je nach Kollagen-Typ liegen mehr oder weniger Lysin- oder Prolinreste im hydroxylierten Zustand vor. So sind in der Basalmembran von Zellen mehr als 60 % der Lysinmoleküle modifiziert. Bis zu 12 % davon sind an Kohlenhydrate gebunden. Im Knorpel sind ebenfalls etwa 60 % der Lysinreste hydroxyliert. Nur ein geringer Teil davon (4 %) steht mit Kohlenhydrate Kohkin Verbindung. In Haut und Knochen liegen nur 20 % der Lysinreste in Form von Hydroxylysin vor. Der Kohlenhydratanteil ist mit 0,4 % vernachlässigbar gering [1, 10, 17, 18].
Für die Hydroxylierung von Lysin und Prolin ist das Vorhandensein von Vitamin C (Ascorbinsäure) essentiell. Vitamin C beeinflusst die Aktivität der Hydroxygenase, die nur optimal arbeiten kann, wenn ihr Eisen-Atom im zweiwertigen Zustand vorliegt [18].
Verschiedene Oxidationsmittel, wie Fluor, Sauerstoff, Wasserstoffperoxid und dessen Addukte, sind in der Lage, dem Spurenelement Eisen Elektronen zu entziehen. So wird Eisen von seiner zweiwertigen (Fe2+) rasch in seine dreiwertige Form (Fe3+) umgewandelt, wodurch es zur Beeinträchtigung der Hydroxygenase-Aktivität kommt. Vitamin C wirkt dem entgegen. Als reduzierendes Agens beziehungsweise Reduktionsmittel hält Ascorbinsäure den zweiwertigen Zustand des Eisen-Atoms der Hydroxygenase aufrecht. Durch Übertragung von Elektronen reduziert es Fe3+ zu Fe2+.
Ein Fehlen an Vitamin C würde zu mangelhafter Hydroxylierung von kollagenem Lysin und Prolin führen, wodurch schadhafte Kollagen-Moleküle gebildet werden, die ihrer Funktion als Strukturprotein nicht nachkommen können. Patienten mit der Vitamin C-Mangelerkrankung Skorbut leiden demzufolge häufig unter Symptomen, die auf der fehlerhaften Biosynthese des Kollagens zurückzuführen sind. Dazu gehören unter anderem schlechte Wundheilung, Hautprobleme und -entzündungen sowie -blutungen, Muskelschwund, Gelenkentzündungen, fragile Blutgefäße sowie Knochenschmerzen durch Blutungen unter der Knochenhaut (subperiostale Blutungen).
Darüber hinaus stimuliert Vitamin C die Genexpression für die Kollagen-Biosynthese und ist sowohl für die notwendige Exozytose des Prokollagens aus dem Fibroblasten in die extrazelluläre Matrix (Extrazellularmatrix, Interzellularsubstanz, EZM, ECM) als auch für die Quervernetzung der Kollagenfibrillen von Bedeutung [18].
Bildung biogener Amine
Lysin dient unter vielen anderen Aminosäuren als Synthesevorstufe von biogenen Aminen. Im Falle von Lysin entsteht durch Abspaltung der Carboxylgruppe – Decarboxylierung – das biogene Amin Cadaverin, das auch die Bezeichnung 1,5-Diaminopentan trägt. Cadaverin reagiert wie alle anderen biogenen Amine aufgrund der vorhandenen Aminogruppe (NH2) als Base. So kann es als Protonenakzeptor bei niedrigen beziehungsweise sauren pH-Werten Protonen (H+) aufnehmen und auf diese Weise den pH-Wert erhöhen. Da Cadaverin bei der bakteriellen Eiweißverdauung (Fäulnis) hergestellt wird und basischen Charakter aufweist, wird das biogene Amin auch als Fäulnisbase bezeichnet [3, 5, 10, 23].
Die Cadaverin-Synthese aus Lysin wird durch Darmbakterien ermöglicht, speziell durch deren Enzyme, den Decarboxylasen. Diese benötigen zur Abspaltung der Carboxylgruppe (CO2) – Pyridoxalphosphat (PLP) beziehungsweise Vitamin B6. PLP spielt somit die Rolle des Coenzyms und darf bei der Decarboxylierung von Aminosäuren zu biogenen Aminen nicht fehlen [3, 5].
Biogene Amine stellen die Präkursoren (Synthesevorstufen) folgender Verbindungen dar [3, 5, 10, 23]
- Alkaloide
- Hormone
- Coenzyme – die biogenen Amine beta-Alanin und Cysteamin sind Bestandteile des Coenzyms A, das im Intermediärstoffwechsel als universeller Überträger von Acylgruppen dient
- Vitamine – beta-Alanin ist wesentlicher Bestandteil von Vitamin B5 (Pantothensäure); Propanolamin stellt ein Baustein des Vitamins B12 (Cobalamin) dar
- Phospholipide – Ethanolamin wird für die Bildung von Phosphatidylethanolamin beziehungsweise -serin benötigt, eine gerinnungsaktive und thrombokinaseartige Substanz
Einige freie biogene Amine können sogar selbst physiologische Wirkungen entfalten. So fungieren beispielsweise die gamma-Aminobuttersäure (GABA), die aus Glutamat hergestellt wird sowie Histamin und Serotonin als Neurotransmitter – chemische Botenstoffe – im zentralen Nervensystem [3, 5, 10, 23].
Synthese von L-Carnitin und dessen Beteiligung am zellulären Stoffwechsel
Der menschliche Körper kann L-Carnitin aus den Aminosäuren Lysin und Methionin selbst herstellen [1, 10].
Eine orale Zufuhr von Lysin hat eine signifikante Erhöhung des Carnitin-Plasmaspiegels zur Folge. So steigt nach einer einmaligen Dosis von 5 g Lysin der Plasmaspiegel an Carnitin Über einen Zeitraum von 72 Stunden um das Sechsfache [1].
Für die Carnitin-Synthese, die in Leber, Nieren und Gehirn stattfindet, müssen neben Lysin und Methionin die essentiellen Cofaktoren Vitamin C, Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B6 (Pyridoxin) und Eisen in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen [6, 18].
L-Carnitin ist eine natürlich vorkommende, vitaminähnliche Substanz, die im Energiestoffwechsel involviert ist und eine Schlüsselrolle in der Regulation des Fettstoffwechsels spielt [14].
L-Carnitin ist am Transport langkettiger Fettsäuren (C12 bis C22) durch die innere Mitochondrienmembran beteiligt und stellt diese für die in der Mitochondrienmatrix stattfindenden beta-Oxidation (Abbau gesättigter Fettsäuren) bereit.
Während langkettige, gesättigte Fettsäuren problemlos die Äußere Mitochondrienmembran überwinden können, benötigen sie L-Carnitin als Transportmolekül, um auch die innere Mitochendrienmembran passieren zu können.
An der äußeren Mitochondrienemembran werden die Fettsäurereste, die Acylgruppen, durch eine ATP-abhängige Bindung an Coenzym A aktiviert – es entsteht Acyl-Coenzym A. Diese Aktivierung ist von wesentlicher Bedeutung, da Fettsäuren relativ reaktionsträge sind und nur in Form von Acyl-CoA Reaktionen eingehen können.
Im Anschluss wird, ebenfalls an der Äußeren mitochondrialen Membran, der Fettsäurerest unter Einfluss der Carnitinpalmitoyltransferase I (CPT I), die auch unter den Namen Carnitinacyltransferase I bekannt ist, von Coenzym A auf Carnitin übertragen [15]. Das entstandene Acyl-Carnitin wird nun mit Hilfe einer C-Acylcarnitin-Translokase in das Innere des Mitochondriums transportiert. Dort erfolgt dann durch die Carnitinpalmitoyl- beziehungsweise -acyltransferase II die Übergabe des Acylrestes von Carnitin auf CoA, sodass erneut Acyl-CoA vorliegt [14, 15].
Das dabei freiwerdende L-Carnitin wird im Antiport mit Acyl-Carnitin von der Translokase in das Zytosol der Zelle zurückgebracht.
Das entstandene Acyl-CoA verbleibt in der Mitochondrienmatrix und steht nun für seinen Abbau bereit.
Die beta-Oxidation beziehungsweise der Abbau der aktivierten Fettsäuren erfolgt schrittweise in einer sich wiederholenden Abfolge von 4 Einzelreaktionen. Zu den Produkten einer einzelnen Abfolge der 4 Einzelreaktionen gehören ein um zwei Kohlenstoffatome kürzeres Fettsäuremolekül in Form des Acyl-CoA sowie ein an Coenzym A gebundener Acetylrest, der sich aus den zwei abgespaltenen C-Atomen der Fettsäure zusammensetzt.
Die um zwei C-Atome kleinere Fettsäure wird wieder dem ersten Schritt der beta-Oxidation zugeführt und erfährt eine erneute Verkürzung. Diese Reaktionsabfolge wiederholt sich so lange, bis zum Schluss zwei Acetyl-CoA-Moleküle übrig bleiben.
Acetyl-CoA fließt zum weiteren Katabolismus in den Citratzyklus ein [14]. Dort kommt es zur Gewinnung von Energie in Form von GTP (Guanosintriphosphat), von Reduktionsäquivalenten (NADH, FADH2) sowie von Kohlendioxid. NADH2 und FADH2 liefern die notwendigen Elektronen für die darauf folgende mitochondriale Atmungskette. Das Resultat der Atmungskette ist erneut die Gewinnung von Energie, diesmal in Form von ATP (Adenosintriphosphat), das als Energiequelle für grundlegende, energieverbrauchende Prozesse im Organismus essentiell ist. Es wird beispielsweise für die Synthese von organischen Molekülen, den aktiven Stofftransport durch Biomembranen sowie Muskelkontraktionen benötigt.
Acetyl-CoA kann außerdem zur Synthese von Ketonkörpern oder Fettsäuren genutzt werden. Sowohl Fettsäuren als auch die Ketonkörper Acetoacetat, Aceton und beta-Hydroxybutyrat (BHB) stellen wichtige Energielieferanten des Körpers dar.
Ketonkörper werden insbesondere in Zeiten reduzierter Kohlenhydratzufuhr, zum Beispiel bei Fastenkuren in den Mitochondrien der Hepatozyten (Leberzellen) gebildet und dienen dem zentralen Nervensystem als Energiequelle. Das Gehirn kann im Hungerstoffwechsel bis zu 80 % der Energie aus Ketonkörpern beziehen. Die Deckung des Energiebedarfs aus Ketonkörpern während einer Nahrungskarenz dient der Einsparung von Glucose [3, 5, 10, 23].
Als Substrat der Carnitinpalmitoyltransferase ist Carnitin neben dem Fettstoffwechsel auch an der Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels beteiligt [14, 15]. Ausreichend hohe Carnitin-Plasmaspiegel sind Voraussetzung für eine optimale Reaktionsgeschwindigkeit der CPT, die insbesondere unter körperlicher Belastung aktiv ist und die aus den Fettdepots freigesetzten Fettsäuren an den Mitochondrien energiebenötigter Zellen empfängt und für L-Carnitin verfügbar macht [14].
Indem die Carnitinacyltransferase I die Acylreste von Acyl-CoA auf Carnitin überträgt, vergrößert sich der Pool an freiem Coenzym A in der mitochondrialen Matrix. Das freie CoA geht nun in die Glykolyse (Kohlenhydratkatabolismus) ein, in der das Monosaccharid (Einfachzucker) Glucose schrittweise zu Pyruvat – Brenztraubensäure – abgebaut wird. Für den weiteren Katabolismus von Pyruvat wird das freie CoA auf einen Acetylrest Übertragen, sodass Acetyl-CoA entsteht, das zur Energiebereitstellung herangezogen wird.
Da die Brenztraubensäure durch das Vorhandensein von ungebundenem CoA kontinuierlich zu Acetyl-CoA umgewandelt wird, liegt sie nur in geringer Konzentration vor. Kommt es während intensiver Belastungen infolge anaerober Bedingungen zur Ansammlung von Lactat (Milchsäure) im Muskelgewebe, wird aufgrund der Konzentrationsunterschiede die Milchsäure zu Pyruvat verstoffwechselt. Somit wird überschüssiges Lactat abgebaut und der Pool an Pyruvat aufrechterhalten, das wiederum durch den Einfluss der Pyruvat-Dehydrogenase in der Mitochondrienmatrix zu Acetyl-CoA oxidativ decarboxyliert wird.
Darüber hinaus wird infolge des Lactat-Katabolismus ein Absinken des pH-Wertes in den Muskelfasern verhindert und so einer frühzeitigen Ermüdung vorgebeugt [14].
Weitere Effekte des L-Carnitins [18]:
- Kardioprotektive Wirkung – Carnitin verbessert die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels bei Herzinsuffizienz (Unvermögen des Herzens, die vom Körper benötigte Blutmenge bedarfsgerecht zu verteilen)
- Lipidsenkende Wirkung – Carnitin senkt den Triglycerid-Plasmaspiegel
- Immunstimulierende Wirkung – Carnitin ist in der Lage, die Funktion von T- und B-Lymphozyten sowie von Makrophagen und Neutrophilen zu verbessern
Einschränkungen in der Verfügbarkeit von L-Carnitin, entweder aufgrund einer unzureichenden Zufuhr oder geringer Lysin- und Methionin-Plasmaspiegel, führen zu Störungen im Energiestoffwechsel [14, 21, 22].
Geringe Konzentrationen an Carnitin verringern aufgrund seiner Carrierfunktion sowohl den Durchtritt langkettiger Fettsäuren durch die innere Mitochondrienmembran als auch den Abbau der Fettsäuren in der Mitochondrienmatrix. Infolge der Ansammlung langkettiger, nicht verwertbarer Acyl-CoA-Ester im Zytosol von Zellen und der mangelhaft ablaufenden beta-Oxidation leidet die ATP-Bereitstellung und damit die Energieversorgung der Zellen [22]. Davon ist insbesondere der Herzmuskel betroffen, da dieser wegen seiner geringen Vorräte an Glykogen – Speicherform der Glucose – auf den Fettsäureabbau als Hauptquelle der Energiegewinnung angewiesen ist [14, 20, 21, 22].
Das durch den Carnitin-Mangel verursachte Energiedefizit führt zu Durchblutungsstörungen, die den Sauerstofftransport zum Herzen hin signifikant reduzieren. Damit steigt das Risiko, Angina-pectoris-Beschwerden zu erleiden, die durch ein brennendes, reißendes oder krampfartiges Gefühl in der Herzgegend gekennzeichnet sind.
Aus dem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot resultiert eine myokardiale Ischämie (Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff), die nicht selten Auslöser eines Myokardinfarktes (Herzinfarktes) ist [2, 9, 14, 20].
Schließlich spielt eine ausreichende Verfügbarkeit von L-Carnitin eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung und Therapie der Stoffwechselstörungen im minderdurchbluteten Herzmuskel [9].
Carnitin-Defizite haben auch Auswirkungen auf den Protein- und Kohlenhydratstoffwechsel.
Aufgrund der reduzierten Fettsäureverwertung bei Carnitin-Mangel müssen verstärkt andere Substrate herangezogen werden, um die Energiebereitstellung aufrecht zu erhalten [17, 21, 22]. Die Rede ist von Glucose und Proteinen.
Glucose wird bei Energiebedarf verstärkt aus dem Blut in die Zellen befördert, wodurch dessen Plasma-Konzentration absinkt.
Eine Hypoglykämie (erniedrigter Blutzuckerspiegel) ist die Folge.
Die defizitäre Acetyl-CoA-Synthese aus Fettsäuren verursacht Einschränkungen in der Gluconeogenese (Glucose-Neubildung) und Ketogenese (Bildung von Ketonkörpern) in den Hepatozyten der Leber [22]. Ketonkörper sind insbesondere im Hungerstoffwechsel von Bedeutung, wo sie dem Zentralnervensystem als Energiequelle dienen.
Zu den energiereichen Substraten gehören auch die Proteine. Wenn Fettsäuren nicht zur Gewinnung von ATP herangezogen werden können, kommt es zu einem vermehrten Proteinabbau in Muskulatur und anderen Geweben, was weitreichende Konsequenzen auf die körperliche Leistungsfähigkeit und das Immunsystem hat [14, 21, 22].
L-Carnitin im Sport
Häufig wird Carnitin solchen Personen als Ergänzung empfohlen, die eine Körperfettreduktion mittels Sport und Diät anstreben. Dabei soll L-Carnitin zu einer erhöhten Oxidation (Verbrennung) langkettiger Fettsäuren führen [14].
Zudem sei durch die Einnahme von Carnitin mit einer Leistungssteigerung im Ausdauerbereich sowie mit einer schnelleren Regeneration nach intensiven Belastungen zu rechnen [14].
In Studien konnte belegt werden, dass eine gesteigerte Carnitin-Aufnahme mit der Nahrung nur dann eine Leistungssteigerung beziehungsweise eine Körpergewichtsabnahme Über die Stimulation des Fettabbaus zur Folge hat, wenn zuvor in den Muskelfasern eine erniedrigte L-Carnitin-Konzentration vorlag, entweder infolge unzureichender Zufuhr, erhöhter Verluste oder genetisch beziehungsweise anderweitig bedingter Einschränkungen in der Carnitin-Synthese.
Zudem profitieren auch Personen von einer L-Carnitin-Supplementation mit einer Körperfettabnahme, die sich regelmäßig im Ausdauerbereich belasten und solche mit erhöhtem Energiebedarf [14]. Der Grund dafür ist die Mobilisation der Triglyceride aus den Fettdepots, die bei aeroben Ausdauerbelastungen sowie bei Energiemangel gesteigert ist. Der Fettsäureabbau im Fettgewebe und der anschließende Transport der freien Fettsäuren im Blutkreislauf zu den energiebenötigten Myozyten (Muskelzellen), ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des L-Carnitins. In den Mitochondrien der Muskelzellen kann Carnitin schließlich seine Funktion wahrnehmen und die freien Fettsäuren durch den Transport in die Mitochondrienmatrix für die beta-Oxidation bereitstellen.
Demzufolge sind ausreichend hohe Carnitin-Plasmaspiegel wichtig, um die vorrangige Nutzung von Fettsäuren als Hauptenergielieferanten des Skelettmuskels in Ruhe, in der postabsorptiven Phase, im Hunger sowie bei Langzeitausdauerbelastungen zu gewährleisten und somit Überschüssiges Körperfett zu verlieren [7, 12, 14].
Durch die vorrangige Verwertung von Fettsäuren hat L-Carnitin bei katabolen Bedingungen, wie beim Ausdauertraining oder im Hunger, einen eiweißsparenden Effekt. Es bietet Schutz vor wichtigen Enzymen, Hormonen, Immunglobulinen, Plasma-, Transport-, Struktur-, Blutgerinnungs- und kontraktilen Proteinen des Muskelgewebes. So hält L-Carnitin die Leistungsfähigkeit aufrecht und wirkt immunstimulierend [7, 12, 14].
Neben anderen Studien konnten auch Wissenschaftler der University of Connecticut in den USA feststellen, dass die Einnahme von L-Carnitin die durchschnittliche Ausdauerleistung deutlich verbessert und in einer schnelleren Erholung nach großen körperlichen Anstrengungen resultiert. Diese Wirkungen beruhen vermutlich auf der guten Energieversorgung der Zellen durch L-Carnitin, die eine verstärkte Durchblutung sowie verbesserte Sauerstoffversorgung der Muskulatur zur Folge hat.
Weiterhin führt eine ausreichend hohe L-Carnitin-Konzentration im Blut bei gesunden Freizeitsportlern zu einer signifikant niedrigeren Produktion von freien Radikalen, weniger Muskelkater und weniger Muskelschäden nach dem Training. Diese Effekte lassen sich durch den vermehrten Abbau von Lactat erklären, das sich während des intensiven Trainings infolge eines Sauerstoffmangels anreichert.
Das Trinken von koffeinhaltigen Getränken, wie Kaffee, Tee, Kakao oder Energy Drinks, kann den oxidativen Fettsäurekatabolismus in den Mitochondrien unterstützen und zur Körperfettreduktion beitragen [14].
Koffein ist in der Lage, das Enzym Phosphodiesterase, das den Abbau von cAMP – cyclisches Adenosinmonophosphat – katalysiert, in seiner Aktivität zu hemmen. Damit steht eine ausreichend hohe Konzentration an cAMP in den Zellen zur Verfügung. cAMP aktiviert die Lipase, die im Fettgewebe zur Lipolyse – Spaltung von Triglyceriden – führt. Es folgt ein Anstieg der freien Fettsäuren im Fettgewebe, deren Abtransport im Plasma zur Leber oder Muskulatur mit Hilfe des Transportproteins Albumin und die anschließende zelluläre beta-Oxidation.
Schon seid einiger Zeit ist bekannt, dass der Konsum von Kaffee vor Ausdauerbelastungen Vorteile für den Fettabbau bringt [14]. Vor Langzeitausdauerbelastungen sollte jedoch auf Kaffee verzichtet werden. Aufgrund der diuretischen Wirkung fördert Koffein die Flüssigkeitsverluste Über die Nieren, die bei Ausdauersportlern ohnehin gesteigert sind [12, 13].
Sportlich aktive Menschen sollten auf eine hohe Lysin-Zufuhr achten, um die Carnitin-Plasmaspiegel auf einem hohen Niveau zu halten [7, 12, 13, 14]. Ebenso darf nicht die regelmäßige Aufnahme von Methionin, Vitamin C, Vitamin B3 (Niacin), Vitamin B6 (Pyridoxin) und Eisen außer Acht gelassen werden, um eine ausreichende endogenen Carnitin-Synthese zu sichern.
Bei körperlicher Anstrengung oder im Hungerzustand geht dem Muskel zwangsläufig L-Carnitin verloren und die Ausscheidung von L-Carnitinestern im Urin steigt an [12]. Die Verluste verstärken sich, je mehr freie Fettsäuren (FFS) aus dem Fettgewebe dem Muskel angeboten werden.
Demzufolge besteht für Personen, die viel Sport machen oder Diät halten ein erhöhter Bedarf an L-Carnitin.
Die Verluste können sowohl durch eine vermehrte endogene Synthese aus Lysin, Methionin und den anderen essentiellen Cofaktoren als auch durch eine gesteigerte Carnitin-Aufnahme Über die Nahrung ausgeglichen werden [13]. L-Carnitin wird hauptsächlich Über Fleisch aufgenommen. Reich an Carnitin ist rotes Fleisch, vor allem Schaf- und Lammfleisch.
Im Gegensatz zu sportlich aktiven Menschen führt bei Nichtsportlern beziehungsweise körperlich inaktiven Personen eine erhöhte Carnitin-Zufuhr nicht zu einer gesteigerten Fettsäureoxidation [14].
Die Ursache liegt darin, dass aus körperlicher Inaktivität eine mangelhafte beziehungsweise fehlende Fettsäuremobilisation aus den Fettdepots resultiert. Dadurch kann es weder zur beta-Oxidation in den Mitochondrien von Zellen noch zur Reduktion des Körperfettgewebes kommen [14].
Weitere Funktionen von Lysin und deren Einsatzgebiete [6, 11, 16, 17, 18, 19, 25]
- Verstärkende Wirkung auf Arginin – Indem Lysin den Transport von Arginin aus dem Blut in die Zellen verzögert, sorgt es für eine erhöhte Arginin-Plasmakonzentration. Arginin gehört zu den semi-essentiellen – bedingt unentbehrlichen – Aminosäuren und findet sich in fast allen Proteinen. Es kann im Organismus aus Glutamat beziehungsweise Ornithin, Citrullin und Aspartat synthetisiert werden und ist im Ornithinzyklus, der in der Leber lokalisiert ist, integriert. Im Ornithinzyklus kommt es durch Spaltung des Arginins zur Biosynthese des Harnstoffs. Auf diese Weise kann der aus den Aminosäuren freigesetzte Ammoniak entgiftet werden.
Zudem ist Arginin die alleinige Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), das für die Gefäßerweiterung und Hemmung der Thrombozytenaggregation und -adhäsion eine entscheidende Rolle spielt. NO wirkt einer endothelialen Dysfunktion (gestörten Gefäßfunktion) und damit atherosklerotischen Veränderungen entgegen.
Ausreichend hohe Arginin-Plasmaspiegel sind weiterhin für die STH-Sekretion von Bedeutung. Somatotropes Hormon (STH) steht für Somatotropin, ein in der Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen) gebildetes Wachstumshormon. Es ist für ein normales Längenwachstum unerlässlich. Vor allem in der Pubertät ist dessen Produktion sehr ausgeprägt. STH wirkt auf fast alle Gewebe des Körpers, insbesondere auf Knochen, Muskeln und Leber. Ist die genetisch festgelegte Körpergröße erreicht, regelt Somatotropin hauptsächlich das Verhältnis von Muskelmasse zu Fett. - Gesteigerte Aufnahme und Speicherung von Calcium in Knochen und Zähnen – die Zufuhr lysinreicher Lebensmittel oder eine Nahrungsergänzung mit Lysin ist für Osteoporose-Patienten von Vorteil.
- Erhöhte Absorption von Eisen – eine Studie hat ergeben, dass durch eine gesteigerte Lysin-Zufuhr die Hämoglobinwerte von schwangeren Frauen positiv beeinflusst werden konnten. Hämoglobin ist der eisenhaltige rote Blutfarbstoff der Erythrozyten (rote Blutkörperchen).
- Herpes simplex – Lysin kann zur Heilung von Herpesinfektionen beitragen. So resultierte aus einer Studie mit Herpes simplex-Patienten, die täglich 800 bis 1.000 mg Lysin während der akuten Phase der Infektion und 500 mg pro Tag zur Erhaltung bekamen, eine signifikant beschleunigte Heilung [11]. Von einigen Experten wird der Einsatz von Lysin auch bei genitalem Herpes als überaus sinnvoll eingestuft [1].
- Wundheilung – als wesentlicher Bestandteil des Kollagens optimiert eine ausreichende Aufnahme lysinreicher Nahrungsmittel die Heilung von Wunden. Lysin ist zusammen mit Prolin im hydroxylierten Zustand für die Ausbildung von Kollagenfasern durch Quervernetzung der Kollagenfibrillen sowie für die Stabilität der Kollagenmoleküle verantwortlich.
- Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) – Lysin kann zur Prävention und Therapie von Atherosklerose eingesetzt werden. Atherosklerose ist eine arterielle Verschlusskrankheit, bei der es zu Ablagerungen von Blutfetten, Thromben, Bindegewebe und Kalk in den Arterien- beziehungsweise Gefäßwänden kommt.
Lysin verhindert die Ablagerung von Lipoprotein (a) – Lp(a) – und macht es dadurch unwirksam.
L(a) stellt ein Fett-Eiweißkomplex dar und ist strukturell dem LDL (Low Density Lipoproteine), dem sogenannten "schlechten Cholesterin" Ähnlich. Da Lp(a) ein besonders "klebriges" Lipoprotein ist, ist es für den Großteil der Fettablagerungen in der Arterienwand verantwortlich. Schließlich stellt Lp(a) einen eigenständigen Risikofaktor für Atherosklerose und deren Folgeerkrankungen dar.
Unabhängig davon fördert Lp(a) die Entstehung von Thromben (Blutgerinnseln), indem es im Gefäßlumen über die Verdrängung von Plasmin die Fibrin-Spaltung hemmt. Fibrin ist ein aktivierter, vernetzter "Klebstoff" der plasmatischen Blutgerinnung und führt Über Bildung eines Blutgerinnsels zum Verschluss von Wunden.
Darüber hinaus kann Lysin durch Entfernen von deponiertem Lp(a) und anderen Lipoproteinen in der Arterienwand bereits bestehende atherosklerotische Plaque abbauen.
In Studien konnte die Bedeutung von Lysin in der Behandlung der Atherosklerose verdeutlicht werden. 50 Männer und 5 Frauen, die sich in unterschiedlichen Stadien der Erkrankung befanden, bekamen Über einen Zeitraum von 12 Monaten täglich je 450 mg Lysin und Prolin in Verbindung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen sowie jeweils 150 mg Cystein, L-Carnitin und Arginin pro Tag. Nach diesen 12 Monaten wurde mittels ultraschneller Computertomographie festgestellt, dass das Fortschreiten der Atherosklerose eindeutig gebremst beziehungsweise fast zum Stillstand gebracht werden konnte. In den Gefäßwänden der Patienten wurden kaum noch neue Plaques (krankhafte Ablagerungen an den Gefäßwänden) gebildet.
Bei allen Versuchspersonen kam es zur Verringerung der Zuwachsrate der atherosklerotischen Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen um durchschnittlich 11 %. Patienten, die sich erst im frühen Stadium der Erkrankung befanden, sprachen deutlich besser auf die Therapie an. Bei denen konnte die Zuwachsrate der Plaques um 50 bis 65 % gesenkt werden. In einem Fall konnte die Verkalkung der Herzkranzgefäße sogar rückgängig gemacht und die Erkrankung geheilt werden [19].
Es wird angenommen, dass die signifikant verminderte Bildung weiterer atherosklerotischer Ablagerungen auf die synergistische Wirkung aller verabreichten Vitalstoffe beruht [19].
Biologische Wertigkeit
Die biologische Eiweißwertigkeit (BW) meint die ernährungsphysiologische Qualität eines Proteins. Sie ist ein Maß dafür, mit welcher Effizienz ein Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgesetzt beziehungsweise für die endogene Proteinbiosynthese genutzt werden kann. Die Ähnlichkeit zwischen dem Nahrungs- und körpereigenen Protein hängt von der Aminosäurezusammensetzung ab.
Je hochwertiger ein Nahrungsprotein, desto ähnlicher ist es dem Körperprotein in seiner Aminosäurebeschaffenheit und desto weniger muss davon aufgenommen werden, um die Proteinbiosynthese aufrechtzuerhalten und den Bedarf des Organismus zu decken – vorausgesetzt der Körper ist ausreichend mit Energie in Form von Kohlenhydraten und Fetten versorgt, damit die Nahrungsproteine nicht zur Energiegewinnung herangezogen werden.
Einem besonderen Interesse gilt hierbei den essentiellen Aminosäuren, die für die endogene Proteinbiosynthese von Bedeutung sind. All diese müssen für die Proteinbildung am Ort der Synthese in der Zelle gleichzeitig vorhanden sein. Ein intrazelluläres Defizit nur einer einzigen Aminosäure würde die Synthese des betreffenden Proteins zum Stillstand bringen, wodurch die bereits aufgebauten Teilmoleküle wieder abgebaut werden müssten [3, 4, 5, 23].
Die essentielle Aminosäure, die aufgrund ihrer zu geringen Konzentration im Nahrungsprotein als erste die endogene Proteinbiosynthese begrenzt, wird als erstlimitierende Aminosäure bezeichnet. Lysin ist in Proteinen, insbesondere in Glutelinen und Prolaminen von Weizen, Roggen, Reis und Mais sowie in Leinsaat- und Rapssaatprotein die erstlimitierende Aminosäure [3, 4, 5, 10, 23].
Um die biologische Wertigkeit von Proteinen zu ermitteln, entwickelten die beiden Ernährungsforscher Kofranyi und Jekat im Jahre 1964 eine spezielle Methode. Danach wird für jedes Testprotein diejenige Menge ermittelt, die ausreicht, das Gleichgewicht der Stickstoffbilanz aufrechtzuerhalten – Bestimmung des N-Bilanzminimums. Als Referenzwert dient Volleiprotein, dessen biologische Wertigkeit willkürlich auf 100 beziehungsweise 1-100 % – festgesetzt wurde. Unter allen Einzelproteinen besitzt es die höchste BW. Wird ein Protein schlechter als Eiprotein vom Körper verwertet, liegt die BW dieses Proteins unter 100 [3, 5, 10, 23].
Proteine aus tierischen Lebensmitteln besitzen aufgrund ihrer dem Körperprotein ähnlicherer Aminosäurezusammensetzung eine höhere BW als die Proteine aus pflanzlichen Quellen. Demzufolge deckt tierisches Protein den Bedarf des Menschen im Allgemeinen besser. Um ein Beispiel zu nennen, hat Schweinefleisch eine BW von 85, während Reis eine BW von nur 66 aufweist [10].
Durch geschickte Kombination verschiedener Proteinträger können Nahrungsmittel mit geringer biologischer Wertigkeit aufgewertet werden. Man spricht hierbei von der sogenannten Ergänzungswirkung verschiedener Proteine.
Beispielsweise haben Cornflakes eine sehr geringe BW, da sie nur geringe Mengen an der essentiellen Aminosäure Lysin aufweisen. Sie sind als Proteinlieferanten beinahe wertlos. Die Mischung mit Milch allerdings erhöht die BW des Cornflakes-Proteins erheblich, da die Eiweißfraktionen der Milch, wie Casein und Lactatalbumin, reichlich Lysin enthalten und somit biologisch hochwertig sind.
Mit Hilfe der Ergänzungswirkung einzelner Proteine ist es möglich, eine BW zu erreichen, die höher liegt als die des Volleiproteins. Den größten Aufwertungseffekt hat die Kombination aus 36 % Vollei mit 64 % Kartoffelprotein, die eine BW von 136 erreicht [3, 5, 10, 23].
Lysin-Abbau
Lysin und andere Aminosäuren können prinzipiell in allen Zellen und Organen des Organismus metabolisiert und abgebaut werden.
Die Enzymsysteme zum Katabolismus der essentiellen Aminosäuren finden sich jedoch vorwiegend in den Hepatozyten (Leberzellen). Beim Abbau von Lysin wird Ammoniak (NH3) und eine alpha-Ketosäure freigesetzt.
Alpha-Ketosäuren können einerseits direkt zur Energiegewinnung genutzt werden. Da Lysin ketogener Natur ist, dienen sie andererseits als Vorstufe für die Synthese von Acetyl-CoA [10].
Acetyl-CoA ist wesentliches Ausgangsprodukt der Lipogenese (Fettsäurebiosynthese), kann aber auch zur Ketogenese – Synthese von Ketonkörpern – herangezogen werden. Aus Acetyl-CoA entsteht Über mehrere Zwischenstufen der Ketonkörper Acetoacetat, aus dem die anderen beiden Ketonkörper Aceton und beta-Hydroxybutyrat gebildet werden [3, 5, 8, 10, 23, 24].
Sowohl Fettsäuren als auch Ketonkörper stellen wichtige Energielieferanten des Körpers dar [10].
Ammoniak ermöglicht die Synthese von nichtessentiellen Aminosäuren, Purinen, Porphyrinen, Plasmaproteinen und Proteinen der Infektabwehr. Da NH3 in freier Form schon in sehr geringen Mengen neurotoxisch wirkt, muss es fixiert und ausgeschieden werden. Ammoniak kann durch eine Hemmung des Energiestoffwechsels und pH-Wert-Verschiebungen zu schwerwiegenden Zellschädigungen führen [10, 16].
Die Ammoniak-Fixierung erfolgt durch eine Glutamatdehydrogenase-Reaktion. Dabei wird das in den extrahepatischen Gewebe freigesetzte Ammoniak auf alpha-Ketoglutarat Übertragen, wodurch Glutamat entsteht. Die Übertragung einer zweiten Aminogruppe auf Glutamat führt zur Bildung von Glutamin. Der Prozess der Glutaminsynthese dient zur vorläufigen Ammoniakentgiftung. Glutamin, das vor allem im Gehirn entsteht, transportiert das gebundene und damit unschädliche NH3 zur Leber. Weitere Transportformen des Ammoniaks zur Leber sind Asparaginsäure (Aspartat) und Alanin. Letztere Aminosäure wird durch Bindung des Ammoniaks an Pyruvat in der Muskulatur gebildet.
In der Leber wird aus Glutamin, Glutamat, Alanin und Aspartat Ammoniak freigesetzt. NH3 wird nun zur endgültigen Entgiftung in den Hepatozyten (Leberzellen) mit Hilfe der Carbamyl-phosphat-Synthetase in die Harnstoffbiosynthese eingeschleust. Zwei Ammoniakmoleküle bilden ein Molekül Harnstoff, der untoxisch ist und Über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden wird [10, 16].
Über die Bildung von Harnstoff können täglich 1-2 Mol Ammoniak eliminiert werden. Der Umfang der Harnstoffsynthese unterliegt dem Einfluss der Ernährung, vor allem der Proteinzufuhr bezüglich Menge und biologische Qualität. Bei einer durchschnittlichen Ernährung liegt die Harnstoffmenge im Tagesharn in einem Bereich von etwa 30 g [10].
Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion sind nicht in der Lage, überschüssigen Harnstoff über die Nieren auszuscheiden. Betroffene sollten sich eiweißarm ernähren, um eine vermehrte Produktion und Ansammlung von Harnstoff in der Niere durch Aminosäure-Abbau zu vermeiden [10].
Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [26, 27].
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