Methionin – Funktionen
Methionin spielt im Stoffwechsel die Rolle als Lieferant von Methylgruppen (CH3), die für wesentliche Biosynthesen benötigt werden.
Um diese Funktion wahrzunehmen, muss die essentielle Aminosäure erst mit ATP (Adenosintriphosphat) aktiviert werden. Die Reaktionsschritte der Methionin-Aktivierung werden von der Methionin-Adenosyl-Transferase katalysiert. Infolge der Abspaltung von Triphosphat wird Energie frei, die die Transferase für die Übertragung des Adenosinrestes auf Methionin benötigt. Es entsteht S-Adenosylmethionin, kurz SAM [1, 3, 4, 8, 9, 18].
S-Adenosylmethionin ist die stoffwechselaktive Form des Methionins. Durch die hochreaktive Methylgruppe an der Sulfonium-Gruppe ist S-Adenosylmethionin in der Lage, Transmethylierungsprozesse einzuleiten, die von dem Enzym Methyltransferase katalysiert werden. SAM ist demzufolge zugleich Substrat und Methylgruppendonator für die Methyltransferase [4].
In einem ersten Schritt transportiert SAM die Methylgruppe auf die Methyltransferase, die in einem zweiten Schritt den CH3-Rest auf bestimmte Substrate überträgt, welche auf diese Weise strukturelle Veränderungen erfahren.
Transmethylierungen sind im Intermediärstoffwechsel wichtige Reaktionen bei der Biosynthese folgender körpereigener Stoffe [1, 3, 4, 12, 18]
- Adrenalin, ein im Nebennierenmark gebildetes und in Stresssituationen ins Blut ausgeschüttetes Hormon, das aus Noradrenalin durch Übertragung einer Methylgruppe entsteht; als Katecholamin hat Adrenalin an den sympathischen Alpha- und Beta-Rezeptoren des Herzkreislaufsystems eine anregende Wirkung – es steigert den Blutdruck und erhöht die Herzfrequenz; im Zentralnervensystem fungiert Adrenalin als Neurotransmitter – Boten- beziehungsweise Überträgerstoff –, und ist so für die Informationsübertragung von einem Neuron (Nervenzellen) zum nächsten über die Kontaktstellen der Neurone, den Synapsen, verantwortlich
- Cholin – wird durch CH3-Gruppenübertragung aus Ethanolamin synthetisiert; als primärer, einwertiger Alkohol ist Cholin ein Strukturelement sowohl des Neurotransmitters Acetylcholin – Essigsäureester des Cholins – als auch von Lecithin beziehungsweise Phosphatidylcholin – Phosphorsäureester des Cholins –, das wesentlicher Bestandteil aller Biomembranen ist; zudem fungiert Cholin auch als Methylgruppendonator im Intermediärstoffwechsel; bei Methionin-Mangel stehen zu geringe Mengen Cholin zur Synthese des wichtigen Neurotransmitters Acetylcholin zur Verfügung – ein langfristiges Defizit an Methionin kann schließlich Angstzustände und Depression zur Folge haben.
- Creatin, eine organische Säure, die infolge einer Transmethylierung aus Guanidinoacetat gebildet wird; in Form von Kreatinphosphat wird Creatin für die Kontraktion der Muskulatur benötigt und trägt zur Versorgung der Muskeln mit Energie bei
- Nukleinsäuren – in Form der RNA (Ribonukleinsäure) und DNA (Desoxyribonukleinsäure), die als Träger der Erbinformation dient
- Polyamine – aus Putrescin und decarboxyliertem SAM entsteht Spermin und als Zwischenprodukt Spermidin; beide Polyamine spielen bei der Zellteilung eine entscheidende Rolle und helfen wachsenden Zellen bei der Synthese von Nukleinsäuren und Proteinen – demzufolge wirken Polyamine stabilisierend auf die DNA.
Das Polyamin Spermidin kann die Darmgesundheit steigern und so zu einer verbesserten Immunität beitragen. Untersuchungen in Zell- sowie in Tiermodellen zeigen, dass das über die Nahrung aufgenommenes Spermidin die Differenzierung der T-Helferzellen hin zu den regulatorischen T-Zellen (Tregs) begünstigt [28]. - Glutathion – L-Glutamyl-L-cysteinylglycin, kurz GSH – ein Tripeptid, das aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin gebildet wird; als Substrat der Glutathionperoxidase ist GSH antioxidativ wirksam und schützt Zellen, die DNA und andere Makromoleküle vor oxidativen Schädigungen, zum Beispiel vor Strahlenschäden
- L-Carnitin – Methionin führt zusammen mit Lysin zur Bildung von L-Carnitin, das eine Schlüsselrolle in der Regulation des Fett-, Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsels einnimmt
- Melatonin – ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert; es entsteht aus der Methylierung von N-Acetylserotonin
- Methyliertes Pharmakon – Entgiftung von Arzneimitteln
- Methylierte Nukleinbasen der DNA und RNA – Schutz der DNA vor Abbau
DNA-Methylierung
S-Adenosylmethionin ist für die DNA-Methylierung von wesentlicher Bedeutung. Bei diesem Vorgang werden die durch SAM gelieferten CH3-Gruppen mit Hilfe von DNA-Methyltransferasen auf Nukleinbasen, wie Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin, auf bestimmte Stellen innerhalb der doppelsträngigen DNA übertragen. Es handelt sich demnach um eine DNA-Modifikation beziehungsweise um eine chemische Abänderung der Grundstruktur der DNA.
Da die DNA-Methylierung nicht zur Veränderung der DNA-Sequenz – Abfolge der DNA-Grundbausteine – führt, ist sie Gegenstand der Epigenetik beziehungsweise der epigenetischen Vererbung. Unter Epigenetik versteht man die Weitergabe von Eigenschaften auf Nachkommen, die auf vererbbare Änderungen der Genregulation und -expression beruhen und nicht auf Abweichungen in der DNA-Sequenz. Epigenetische Veränderungen können durch chemische oder physikalische Umweltfaktoren eingeleitet werden.
Die DNA-Bereiche, die für die Methylierung von besonderer Bedeutung sind, heißen CpG-Inseln. In diesen DNA-Abschnitten liegt das Dinukleotid Cytosin-Guanin im Vergleich zum restlichen Genom mit zehn- bis zwanzigmal erhöhter Frequenz vor. In der humangenetischen Forschung dienen die CpG-Inseln oft der Zuordnung von Genen zu genetischen Erkrankungen [12].
Die DNA-Methylierung hat vielfältige biologische Funktionen.
Bei Prokaryoten bietet die DNA-Methylierung Schutz vor fremder DNA. Die für die Methylierung zuständigen DNA-Methyltransferasen führen durch Übertragung von CH3-Gruppen auf definierte Nukleinbasen der zelleigenen DNA zur Entstehung eines Methylierungsmusters. Restriktionsenzyme sind aufgrund dieses Methylierungsmusters in der Lage, zelleigene DNA von solcher, die von außen in die Zelle gelangt ist, zu unterschieden. Fremd-DNA weist meist ein anderes Methylierungsmuster als die eigene DNA auf. Wird Fremd-DNA erkannt, so wird diese von Restriktionsenzymen und anderen Nukleasen zerschnitten und eliminiert, sodass die fremde DNA nicht in die zelleigene DNA integriert werden kann.
Des Weiteren ist die DNA-Methylierung für Prokaryoten zur Fehlerkorrektur bei der DNA-Replikation – identischen Verdopplung der DNA – von Vorteil. Um bei der Fehlerbehebung den ursprünglichen DNA-Strang vom neusynthetisierten Strang unterscheiden zu können, nutzen die DNA-Reparatursysteme das Methylierungsmuster des ursprünglichen Stranges.
Bei Eukaryoten hat die DNA-Methylierung die Funktion, aktive und inaktive Bereiche der DNA zu markieren. Auf diese Weise können einerseits bestimmte DNA-Abschnitte für verschiedene Prozesse selektiv genutzt werden. Andererseits werden durch die Methylierung Gene stillgelegt beziehungsweise inaktiviert. Für RNA-Polymerasen und andere Enzyme sind methylierte Nukleinbasen auf der DNA oder RNA ein Zeichen dafür, dass diese zur Proteinbiosynthese nicht abgelesen werden sollen. DNA-Methylierungen dienen schließlich dazu, die Bildung schadhafter, krankmachender Proteine zu verhindern beziehungsweise deren Synthese abzubrechen [12].
Einige Gene sind selektiv methyliert, was als Genregulation beziehungsweise differentielle Genexpression bezeichnet wird. Bereiche vor einem Gen – stromaufwärts, upstream – können einen bestimmten Methylierungsgrad aufweisen, der sich von der Umgebung abgrenzt und in unterschiedlichen Situation variieren kann. Dadurch wird eine selektive Lesehäufigkeit des dahinterliegenden Gens möglich.
Ein Beispiel für selektiv methylierte Stellen, die vor einem Gen liegen, sind die CpG-Inseln. Da diese einem hohen Mutationsdruck ausgesetzt sind, ist die Methylierung als Mechanismus zum Abschalten von Tumorsuppressorgenen von herausragender Bedeutung zur Vorbeugung von Tumorerkrankungen. Wird die Methylierung unterdrückt, können die Cytosine der CpG-Inseln aufgrund ihrer Instabilität oxidativ zu Thymin beziehungsweise Uracil desaminiert werden. Das führt zum Basenaustausch und damit zu einer dauerhaften Mutation, die das Tumorrisiko signifikant erhöht [12].
Ein Spezialfall der Genregulation ist die genomische Prägung beziehungsweise Imprinting. Da männliche und weibliche Keimzellen unterschiedliche DNA-Methylierungsmuster aufweisen, können die väterlichen von den mütterlichen Allelen unterschieden werden. Bei den dem Imprinting unterliegenden Genen wird nur das mütterliche oder väterliche Allel genutzt, wodurch eine geschlechtsspezifische Ausprägung von phänotypischen Merkmalen ermöglicht wird.
Eine zu starke beziehungsweise zu geringe Methylierung von upstream DNA-Bereichen kann aufgrund einer daraus resultierenden reduzierten beziehungsweise erhöhten Genaktivität und der Vererbung an die Tochterzellen zur Entstehung von Erkrankungen führen. Beispielsweise lassen sich bei Tumorzellen häufig Methylierungsmuster feststellen, die von denjenigen gesunder Gewebe signifikant abweichen [12].
Neben einzelnen Nukleinbasen in der DNA können auch Proteine beziehungsweise Enzyme durch Methyltransferasen modifiziert werden. So kommt es durch Übertragung einer Methylgruppe auf Enzyme zur Veränderung deren Eigenschaften, wobei die Enzymaktivität entweder gehemmt oder gefördert werden kann [12].
Abbau und Resynthese von Methionin – der Methionin-Zyklus
Von besonderer Bedeutung, sowohl für den Stoffwechsel des Menschen, als auch für den klinischen Alltag, ist der Abbau von Methionin.
Die mit der Nahrung aufgenommene essentielle Aminosäure Methionin wird unter Beteiligung von ATP zu S-Adenosylmethionin abgebaut. Infolge der Abspaltung der Methylgruppe, die von der Methyltransferase aufgenommen und auf andere Substrate übertragen wird, entsteht aus SAM das Zwischenprodukt S-Adenosylhomocystein (SAH), das durch die SAH-Hydrolase zu Homocystein und Adenosin hydrolysiert wird. Da SAH Methylierungsvorgänge hemmt, ist sein Abbau zu Homocystein dringend notwendig, um Methylierungsreaktionen aufrechterhalten zu können [3, 4].
Der aus dem Methionin-Zyklus entstandenen schwefelhaltigen, nicht proteinogenen Aminosäure Homocystein stehen zu seinem Katabolismus mehrere Wege offen. Einerseits wird Homocystein über den Vorgang der Transsulfierung unter Bildung der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein abgebaut. Andererseits kann Homocystein durch eine Remethylierungsreaktion verstoffwechselt werden. Die Remethylierung von Homocystein führt zur Resynthese von Methionin [4].
Bei dem Prozess der Transsulfierung reagiert Methionin in einem ersten Schritt über die Vitamin B6-abhängige Cystathionin-ß-Synthase mit Serin zu Cystathionin unter Abspaltung von Homocystin. Cystathionin wird in einem zweiten Schritt zu Homoserin und der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein gespalten. Diese Reaktion wird durch die Cystathionase katalysiert, die ebenfalls Vitamin B6-abhängig ist [4].
Beim Abbau des schwefelhaltigen Methionins wird also die andere schwefelhaltige Aminosäure Cystein gebildet, Serin hingegen wird verbraucht.
Cystein kann entweder im katabolen Aminosäurestoffwechsel zu Sulfat und Wasser abgebaut werden, oder durch Reaktion mit einem weiteren Cysteinmolekül zur Synthese von Cystin führen. Zudem dient das Cysteinmolekül als Ausgangsbaustein für die Bildung von Taurin, einer ß-Aminoethansulfonsäure, die statt einer für Aminosäuren typische Carboxylgruppe eine Sulfonsäuregruppe trägt. Taurin wird im Körper nicht für die Proteinbiosynthese verwendet, sondern ist größtenteils für die Stabilisierung des Flüssigkeitshaushaltes in den Zellen verantwortlich [1].
Bei eine zu geringen Zufuhr von Methionin fällt die Cystein-Synthese aus Methionin beziehungsweise Homocystein nur marginal aus, wodurch die semi-essentielle Aminosäure Cystein zu einer essentiellen Aminosäuren werden kann und verstärkt über die Nahrung zugeführt werden muss [1].
Das aus der Cystathionin-Spaltung entstandene Homoserin wird durch eine Desaminierung zu alpha-Ketobutyrat umgewandelt, das zu Propionyl-CoA und infolge einer Decarboxylierung und einer anschließenden Vitamin B12-abhängigen Umlagerung der Carboxylgruppe zu Succinyl-CoA abgebaut wird. Letzteres ist ein Metabolit des Citratzyklus, bei dem unter anderem Energie in Form von GTP (Guanosintriphosphat) und die Reduktionsäquivalente NADH und FADH2 gewonnen werden, die in der folgenden Atmungskette zur Gewinnung von Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) führen [8, 9].
Der Vorgang der Transsulfierung kann nur in bestimmten Geweben stattfinden. Dazu gehören Leber, Niere, Pankreas (Bauchspeicheldrüse) und Gehirn [10].
Bei dem Prozess der Remethylierung wird die Homocystein-Synthese aus Methionin umgekehrt durchlaufen. So reagiert zunächst Homocystein mit Adenosin zu S-Adenosylhomocystein (SAH) unter Abspaltung von Wasser. In der Folge kommt es unter Einfluss der Vitamin B12-abhängigen Methionin-Synthase zur Methylgruppenübertragung unter Bildung von S-Adenosylmethionin (SAM).
Die Methylgruppe wird von 5-Methyl-Tetrahydrofolat (5-MTHF) geliefert, das die CH3-Gruppe auf das Coenzym der Methionin-Synthase, das Vitamin B12 (Cobalamin) überträgt. Beladen mit Methyl-Cobalamin transportiert die Methionin-Synthase die CH3-Gruppe auf SAH, wodurch SAM synthetisiert wird. Aus S-Adenosylmethionin kann schließlich Methionin freigesetzt werden.
5-MTHF ist die methylierte aktive Form der Folsäure (Vitamin B9) und hat im Intermediärstoffwechsel die Aufgabe des Akzeptors und Überträgers von Methylgruppen. Durch die Abgabe der CH3-Gruppe an das Cobalamin der Methionin-Synthase entsteht die aktive Tetrahydrofolsäure, welche nun für neue Methylgruppenübertragungen zur Verfügung steht. Auf ähnliche Weise fungiert Vitamin B12. In Form von Methyl-Cobalamin nimmt es an enzymatischen Reaktionen teil und ist für die Aufnahme und Abgabe von Methylgruppen zuständig.
Schließlich steht der Methionin-Zyklus mit dem Folsäure- und Vitamin B12-Stoffwechsel in direkter Verbindung [3]
In Leber und Niere kann Homocystein auch über die Betain-Homocystein-Methyltransferase (BHMT) zu Methionin remethyliert werden. Die für die Methionin-Synthese benötigte Methylgruppe wird von Betain, einer quartiären Ammoniumverbindung mit drei Methylgruppen, geliefert und auf die Methyltransferase übergeben. Betain ist somit zugleich Substrat und Methylgruppendonator für die BHMT. Die Methyltransferase transportiert nun den CH3-Rest auf Homocystein unter Bildung von Methionin und Dimethylglycin.
Der Weg der Remethylierung von Homocystein beziehungsweise der Methionin-Synthese über die BHMT ist unabhängig von Folsäure und Vitamin B12 [3, 4].
Am gesamten Methionin- und Homocystein-Metabolismus sind folglich die wasserlöslichen B-Vitamine Folsäure, B12 und B6 beteiligt [1, 14, 25].
Kommt es zu einem Defizit von bereits nur einem dieser Vitamine, wird der Homocystein-Abbau gehemmt. Das Resultat daraus ist ein signifikant erhöhter Homocystein-Plasmaspiegel. Dieser kann demnach als Marker für die Versorgung mit Folsäure, Vitamin B6 und B12 herangezogen werden. Erhöhte Homocysteinwerte im Blut lassen sich durch eine vermehrte Gabe aller drei B-Vitamine in Kombination normalisieren. Da schon die alleinige Gabe von Folsäure den Homocystein-Plasmaspiegel deutlich senken kann, scheint eine ausreichende Versorgung mit Folsäure besonders wichtig zu sein [1, 3].
Risikofaktor Homocystein
Ein Mangel an Vitamin B6, B9 und B12 führt dazu, dass Homocystein nicht mehr zu Methionin remethyliert werden kann und sich in der Folge sowohl im extra- als auch intrazellulären Raum anstaut.
Homocysteinkonzentrationen von 5-15 µmol/l gelten als normal. Bei Werten über 15 µmol/l liegt eine Hyperhomocysteinämie – erhöhter Homocysteinspiegel – vor [4].
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass ein Homocystein-Plasmaspiegel über 15 µmol/l einen unabhängigen Risikofaktor sowohl für Demenzerkrankungen als auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) darstellt [1, 3, 4, 13, 16, 20, 25]. Das Risiko für eine Koronare Herzkrankheit (KHK) scheint sich kontinuierlich mit steigender Homocysteinkonzentration im Blut zu erhöhen [26].
Den neuesten Berechnungen zur Folge gehen in den USA 9,7% der Todesfälle durch Herzerkrankungen auf überhöhte Homocysteinspiegel zurück [1].
Mit zunehmendem Alter lassen sich häufig gesteigerte Homocysteinkonzentrationen im Blut aufgrund einer ungenügenden Aufnahme an Vitaminen, darunter Vitamin B6, B9 und B12 feststellen. Im Durchschnitt weisen Männer ab dem 50. und Frauen ab dem 75. Lebensjahr einen Homocystein-Plasmaspiegel auf, der über 15µmol/l liegt. Demnach sind ältere Menschen einer besonders hohen Gefahr ausgesetzt, kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen zu erleiden. Um dieses Risiko zu senken, sollten Personen mit höherem Alter reichlich Obst, Gemüse und Getreideprodukte, aber auch Lebensmittel tierischer Herkunft, wie Eier, Fisch sowie Milch- und Milchprodukte bevorzugen, da dadurch besonders die B-Vitamine B6, B9 und B12 in ausreichenden Mengen zugeführt werden [1, 3].
Homocystein kann durch Bildung freier Radikale zu atherosklerotischen Veränderungen im Gefäßsystem führen. Homocystein ist aber auch selbst in der Lage, direkt in das Geschehen der Atherosklerose einzugreifen [4, 16, 24].
Unter Einfluss des Übergangsmetallions Kupfer beziehungsweise der kupferhaltigen Oxidase Caeruloplasmin wird Homocystein zu Homocystin oxidiert, wobei Wasserstoffperoxid (H2O2) entsteht. H2O2 ist eine reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die in Anwesenheit von Eisen (Fe2+) über die Fenton-Reaktion zu einem Hydroxylradikal reagiert. Hydroxylradikale sind hochreaktive Moleküle, die unter anderem das Endothel von Blutgefäßen, Proteine, Fettsäuren und Nukleinsäuren (DNA und RNA) schädigen können [4, 24].
Homocystein kann durch seine endständige Thiolgruppe (SH-Gruppe) auch selbst Radikalcharakter annehmen [24]. Dazu entzieht das Schwermetall Eisen in Form von Fe2+ der SH-Gruppe von Homocystein ein Elektron. Homocystein nimmt so eine prooxidative Wirkung an und ist bestrebt, einem Atom oder Molekül Elektronen zu entreißen, wodurch in der Folge freie Radikale gebildet werden. Diese entziehen anderen Substanzen ebenfalls Elektronen und auf diese Weise kommt es in einer Kettenreaktion zur stetigen Vermehrung der Radikale im Körper (oxidativer Stress) [24].
Oxidativer Stress ist häufig die Ursache von Veränderungen in der Genexpression, die beispielsweise durch eine erhöhte Sekretion von Zytokinen beziehungsweise Wachstumsfaktoren gekennzeichnet sind [3, 4]. Zytokine, wie Interferone, Interleukine und Tumornekrosefaktoren, werden aus Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen) sowie Fibroblasten ausgeschüttet und fördern in den Wänden von Blutgefäßen die Migration glatter Muskelzellen von der Tunica Media – die in der Mitte von Blutgefäßen liegende Muskelschicht – in die Tunica Intima – Bindegewebsschicht mit Endothelzellen, die die innere Blutgefäßschicht zu Blutseite hin auskleidet. In der Tunica Intima kommt es dann zur Proliferation der glatten Myozyten (Muskelzellen) [16].
Die Vermehrung der Myozyten wird nicht nur durch die freien Radikale, sondern auch durch Homocystein selbst über die Induktion der Zyklin-D1- und Zyklin-A-mRNA induziert [15, 22, 23]. Homocystein ist außerdem in der Lage, die Biosynthese von Kollagen, das Bestandteil der extrazellulären Matrix (Extrazellularmatrix, Interzellularsubstanz, EZM, ECM) ist, in kultivierten glatten Muskelzellen auf mRNA-Ebene einzuleiten [24]. Daraus resultiert eine vermehrte Produktion der extrazellulären Matrix.
Oxidativer Stress schädigt Zellwände und Zellbestandteile und kann auf diese Weise Apoptose, den programmierten Zelltod auslösen [4]. Davon sind insbesondere die Endothelzellen von Gefäßwänden betroffen. Die Erneuerung der vaskulären Endothelzellen wird durch Homocystein, vermutlich über eine verminderte Carboxymethylierung von p21ras, gehemmt, sodass ein Fortschreiten der zellulären Schädigungen nicht gestoppt werden kann [27]. p21ras ist ein Protein, das für die Kontrolle des Zellzyklus verantwortlich ist.
Das geschädigte Gefäßendothel führt zu einer gesteigerten Adhäsion (Anhaftung) von Neutrophilen (weiße Blutkörperchen), wie Monozyten, die als Bestandteil des Blutgerinnungssystems spezifisch an den zerstörten Endothelzellen "kleben" bleiben, um Wunden zu verschließen. Die vermehrte Adhäsion der Neutrophilen aktiviert diese zur Produktion von Wasserstoffperoxid, welches die Endothelzellen zusätzlich schädigt [4, 13]. Zudem kommt es infolge der Gefäßwandschäden zum Durchtritt der Monozyten und von oxidiertem LDL von der Blutbahn in die Tunica Intima, wo die Monozyten zu Makrophagen differenzieren und das oxidierte LDL grenzenlos aufnehmen. Pathophysiologisch relevante Konzentrationen von Homocystein – 50 bis 400 µmol/l – verstärken die Adhäsion von Neutrophilen an das Endothel und deren anschließende Migration durch das Endothel hindurch (Diapedese) [7, 13, 16].
In der Tunica Intima entwickeln sich die Makrophagen zu fettreichen Schaumzellen, die infolge einer Fettüberladung schnell platzen und absterben. Die dabei freiwerdenden zahlreichen Lipidfraktionen sowie die Zellreste der Makrophagen lagern sich nun in der Intima ab.
Sowohl die proliferierenden Muskelzellen als auch die Schaumzellen und Ablagerungen in Form von Lipiden, Lymphozyten, Proteoglykanen, Kollagen und Elastin führen zur Verdickung der Intima beziehungsweise der inneren Blutgefäßschicht.
Im weiteren Verlauf bilden sich die typischen atherosklerotischen Gefäßveränderungen – Entstehung von Fatty streaks (Fettstreifen), Nekrose (Zelluntergang), Sklerosierung (Verhärtung des Bindegewebes) und Kalsifizierung (Einlagerung von Calcium). Diese Erscheinungen im Gefäßsystem werden auch als sogenannte fibröse Plaques (krankhafte Ablagerungen an den Gefäßwänden) bezeichnet [3, 4, 16].
Während des Fortschreitens der Atherosklerose können die Plaques aufreißen, sodass die Intima eingerissen wird. An dem geschädigten Gefäßendothel lagern sich zum Wundverschluss vermehrt Thrombozyten (Blutplättchen) an, die die Bildung von Thromben (Blutgerinnseln) induzieren [4]. Thromben können das Blutgefäß vollkommen verschließen und so den Blutstrom erheblich beeinträchtigen.
Mit zunehmender Verdickung der Tunica Intima durch Wachsen der atherosklerotischen Plaques wird das Lumen der Blutgefäße immer enger. Die Entstehung von Thromben trägt zusätzlich zur Stenose (Verengung) bei. Die Stenosen führen zu Durchblutungsstörungen und spielen in der Pathogenese von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine wesentliche Rolle [26]. Die Gewebe und Organe, die von einer erkrankten Arterie versorgt werden, leiden aufgrund des gestörten Blutflusses unter Sauerstoffmangel. Bei Befall der Arteria carotis (großen Halsarterien) kommt es zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff, wodurch sich das Risiko für Apoplex (Schlaganfall) erhöht. Sind die Herzkranzgefäße von einer Stenose betroffen, so kann das Herz nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und ein Myokardinfarkt (Herzinfarkt) kann die Folge sein. In vielen Fällen entwickeln sich fibröse Plaques in den Arterien der Beine, was nicht selten mit der arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) einhergeht, die auch unter dem Namen Schaufensterkrankheit bekannt ist und zu Schmerzen in Waden-, Oberschenkel- oder Gesäßmuskulatur nach längerer Gehstrecke führt [10, 16, 26].
In zahlreichen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Hirnleistungsschwächen, vor allem Atherosklerose-, Schlaganfall-, Morbus Alzheimer- und Morbus Parkinson-Patienten sowie an Altersdemenz erkrankte Personen erhöhte Homocystein-Plasmaspiegel aufweisen. Dieser Befund bestätigt, dass Homocystein einen wesentlichen Risikofaktor für Atherosklerose und deren Folgeerkrankungen darstellt [1, 16, 21].
Neben erhöhten Homocystein-Plasmaspiegeln sind auch Übergewicht, Bewegungsmangel, Hypertonie (Bluthochdruck), Hypercholesterinämie, erhöhter Alkohol- und Kaffeekonsum sowie Rauchen unabhängige Risikofaktoren für kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen [4].
Weitere Funktionen von Methionin [1, 8, 18]
- Lipotrophie – Methionin weist lipotrophe Eigenschaften auf, das heißt es wirkt fettlösend und trägt somit dazu bei, übermäßige Fetteinlagerungen in der Leber zu verhindern; in Studien hat ein Methioninmangel bei Ratten Leberverfettung verursacht, die jedoch durch Methioningaben rückgängig gemacht werden konnte – Methionin unterstützt die Regeneration von Leber- und Nierengewebe; außerdem findet Methionin Einsatz bei Hypertriglyzeridämie, da es den Abbau der Triglyceride fördert
- Verwertung wichtiger Nähr- und Vitalstoffe – da Methionin zur Verstoffwechslung einiger Aminosäuren, wie Glycin und Serin benötigt wird, erhöht sich der Bedarf an Methionin bei einer proteinreichen Ernährung; ausreichend hohe Methionin-Plasmaspiegel sind ebenfalls wichtig, um eine optimale Verwertung des Spurenelements Selen im Körper zu gewährleisten
- Antioxidans – als Radikalfänger macht Methionin freie Radikale unschädlich
- Entgiftung – im Zusammenhang mit dem Spurenelement Zink steigert Methionin die Ausscheidung von Schwermetallen und kann somit beispielsweise einer Bleivergiftung vorbeugen
- Regeneration des Körpers nach Trainingsphasen – in anabolen Phasen, beispielsweise nach dem Training ist der Methionin-Bedarf aufgrund der notwendigen Regeneration beziehungsweise Erholung des beanspruchten Körpers besonders hoch
- Senkung des Histamin-Plasmaspiegels – über Methylierung des Histamins wirkt Methionin als natürliches Antihistaminikum – es hält so den Histaminwert im Blut niedrig und ist deshalb bei Atopien – Überempfindlichkeitsreaktionen – beziehungsweise Allergien von Vorteil; Histamin wird bei IgE-vermittelten allergischen Reaktionen vom "Soforttyp" – TypI – oder durch Komplementfaktoren aus den Mastzellen oder basophilen Granulozyten freigesetzt und ist damit an der Abwehr körperfremder Stoffe beteiligt; daneben reguliert Histamin im Zentralnervensystem den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Appetitkontrolle
- Infektionen der Harnwege – Methionin kann bei Harnwegsinfektionen (HWI) zur Vorbeugung gegen wiederkehrende Infektionen angewendet werden; die essentielle Aminosäure verschiebt den pH-Wert des Urins in den sauren Bereich, was die Ansiedlung pathogener Keime und Bakterien sowie die Bildung von Phosphatsteinen in der Niere verhindert
- Verbesserung der Gedächtnisleistung bei AIDS-Patienten – Methionin ist in der Lage, das Fortschreiten einer HIV-bedingten Enzephalopathie zu hemmen; eine ausreichende Methionin-Zufuhr über die Nahrung – bis zu 6 g täglich – schützt die Patienten vor den AIDS-typischen Schädigungen des Nervensystems, wie beispielsweise vor fortschreitender Demenz, und kann so die Gedächtnisleistung verbessern [6, 11, 21]
Biologische Wertigkeit
Die Biologische Wertigkeit (BW) eines Proteins ist ein Maß dafür, wie effizient ein Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgesetzt beziehungsweise für die endogene Proteinbiosynthese genutzt werden kann. Es geht darum, ob der Gehalt an essentiellen Aminosäuren im Nahrungseiweiß optimal auf das Spektrum der Eiweißbausteine im Körper abgestimmt ist.
Je hochwertiger ein Nahrungsprotein, desto weniger muss davon aufgenommen werden, um die Proteinbiosynthese aufrechtzuerhalten und den Bedarf des Organismus zu decken – vorausgesetzt der Körper ist ausreichend mit Energie in Form von Kohlenhydraten und Fetten versorgt, damit die Nahrungsproteine nicht zur Energiegewinnung herangezogen werden.
Einem besonderen Interesse gilt hierbei den essentiellen Aminosäuren, die für die endogene Proteinbiosynthese von Bedeutung sind. All diese müssen für die Proteinbildung am Ort der Synthese in der Zelle gleichzeitig vorhanden sein. Ein intrazelluläres Defizit nur einer einzigen Aminosäure würde die Synthese des betreffenden Proteins zum Stillstand bringen, wodurch die bereits aufgebauten Teilmoleküle wieder abgebaut werden müssten.
Die essentielle Aminosäure, die aufgrund ihrer zu geringen Konzentration im Nahrungsprotein als erste die endogene Proteinbiosynthese begrenzt, wird als erstlimitierende Aminosäure bezeichnet. Methionin ist in Hülsenfrüchten, wie Bohnen und Lupinen, in Hefe und dem Milchprotein Casein die erstlimitierende Aminosäure. In Leinsaat, Fleisch und Gelatine begrenzt Methionin aufgrund seines niedrigen Gehalts als zweite Aminosäure den körpereigenen Proteinaufbau. In diesen Lebensmitteln ist Methionin somit die zweitlimitierende Aminosäure [1, 2, 5, 19].
Die Biologische Wertigkeit ist die gängigste Methode zur Bestimmung der Proteinqualität. Um diese zu ermitteln, entwickelten die beiden Ernährungsforscher Kofranyi und Jekat im Jahre 1964 eine spezielle Methode. Danach wird für jedes Testprotein diejenige Menge ermittelt, die ausreicht, das Gleichgewicht der Stickstoffbilanz aufrechtzuerhalten – Bestimmung des N-Bilanzminimums. Als Referenzwert dient Volleiprotein, dessen biologische Wertigkeit willkürlich auf 100 beziehungsweise 1-100% – festgesetzt wurde. Unter allen Einzelproteinen besitzt es die höchste BW. Wird ein Protein schlechter als Eiprotein vom Körper verwertet, liegt die BW dieses Proteins unter 100.
Proteine aus tierischen Lebensmitteln besitzen aufgrund ihres hohen Gehalts an Proteinen (Eiweiß), die meist reich an essentiellen Aminosäuren sind, eine höhere BW als Proteine aus pflanzlichen Quellen. Pflanzliche Nahrungsmittel weisen in Relation zum Gewicht eher geringe Eiweißmengen auf. Demzufolge deckt tierisches Protein den Bedarf des Menschen im Allgemeinen besser. Um ein Beispiel zu nennen, hat Schweinefleisch eine BW von 85, während Reis eine BW von nur 66 aufweist [9].
Durch geschickte Kombination verschiedener Proteinträger können Nahrungsmittel mit geringer biologischer Wertigkeit durch den gegenseitigen Ausgleich der limitierenden Aminosäuren aufgewertet werden. Man spricht hierbei von der sogenannten Ergänzungswirkung verschiedener Proteine. In den meisten Fällen erfolgt bei der Kombination von pflanzlichen mit tierischem Eiweiß eine Aufwertung. So wird die geringe BW von Reis durch den gemeinsamen Verzehr mit Fisch erheblich aufgewertet. Fisch enthält reichlich essentielle Aminosäuren, wie Methionin, und ist somit biologisch hochwertig. Doch auch eine Zusammenstellung aus rein pflanzlichen Proteinquellen, wie beispielsweise die gemeinsame Aufnahme von Mais und Bohnen, erreicht eine Biologische Wertigkeit von fast 100.
Mit Hilfe der Ergänzungswirkung einzelner Proteine ist es möglich, eine BW zu erreichen, die höher liegt als die des Volleiproteins. Den größten Aufwertungseffekt hat die Kombination aus 36% Vollei mit 64 % Kartoffelprotein, die eine BW von 136 erreicht [1, 8, 9].
Methionin-Abbau
Methionin und andere Aminosäuren können prinzipiell in allen Zellen und Organen des Organismus metabolisiert und abgebaut werden.
Die Enzymsysteme zum Katabolismus der essentiellen Aminosäuren finden sich jedoch vorwiegend in den Hepatozyten (Leberzellen). Beim Abbau von Methionin wird Ammoniak (NH3) und eine alpha-Ketosäure freigesetzt [8, 9].
Alpha-Ketosäuren können einerseits direkt zur Energiegewinnung genutzt werden. Da Methionin glukogener Natur ist, dienen sie andererseits als Vorstufe für die Gluconeogenese (Neubildung von Glucose) in Leber und Muskulatur. Dazu wird Methionin über mehrere Zwischenstufen zu Homoserin bis zu Pyruvat und Succinyl-CoA abgebaut [9]. Sowohl Pyruvat als auch Succinyl-CoA, welches ein Intermediat des Citratzyklus ist, kann als Substrat zur Gluconeogenese dienen.
Glucose stellt ein wichtiger Energielieferant des Körpers dar [9].
Die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und das Nierenmark sind völlig auf Glucose zur Energiegewinnung angewiesen. Das Gehirn nur zum Teil, denn im Hungerstoffwechsel kann es bis zu 80 % der Energie aus Ketonkörpern beziehen. Beim Abbau von Glucose wird ATP (Adenosintriphosphat) gebildet, der wichtigste Energieträger der Zelle. Werden dessen Phosphatbindungen hydrolytisch durch Enzyme gespalten, entsteht das ADP (Adenosindiphosphat) beziehungsweise AMP (Adenosinmonophosphat). Die dabei freiwerdende Energie ermöglicht den Körperzellen, osmotische (Transportprozesse durch Membranen), chemische (enzymatische Reaktionen) oder mechanische Arbeit (Muskelkontraktionen) zu leisten.
Ammoniak ermöglicht die Synthese von nichtessentiellen Aminosäuren, Purinen, Porphyrinen, Plasmaproteinen und Proteinen der Infektabwehr. Da NH3 in freier Form schon in sehr geringen Mengen neurotoxisch wirkt, muss es fixiert und ausgeschieden werden. Ammoniak kann durch eine Hemmung des Energiestoffwechsels und pH-Wert-Verschiebungen zu schwerwiegenden Zellschädigungen führen [9].
Die Ammoniak-Fixierung erfolgt durch eine Glutamatdehydrogenase-Reaktion. Dabei wird das in den extrahepatischen Gewebe freigesetzte Ammoniak auf alpha-Ketoglutarat übertragen, wodurch Glutamat entsteht. Die Übertragung einer zweiten Aminogruppe auf Glutamat führt zur Bildung von Glutamin. Der Prozess der Glutaminsynthese dient zur vorläufigen Ammoniakentgiftung. Glutamin, das vor allem im Gehirn entsteht, transportiert das gebundene und damit unschädliche NH3 zur Leber. Weitere Transportformen des Ammoniaks zur Leber sind Asparaginsäure (Aspartat) und Alanin. Letztere Aminosäure wird durch Bindung des Ammoniaks an Pyruvat in der Muskulatur gebildet.
In der Leber wird aus Glutamin, Glutamat, Alanin und Aspartat Ammoniak freigesetzt. NH3 wird nun zur endgültigen Entgiftung in den Hepatozyten (Leberzellen) mit Hilfe der Carbamyl-phosphat-Synthetase in die Harnstoffbiosynthese eingeschleust. Zwei Ammoniakmoleküle bilden ein Molekül Harnstoff, der untoxisch ist und über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden wird [9].
Über die Bildung von Harnstoff können täglich 1-2 Mol Ammoniak eliminiert werden. Der Umfang der Harnstoffsynthese unterliegt dem Einfluss der Ernährung, vor allem der Proteinzufuhr bezüglich Menge und biologische Qualität. Bei einer durchschnittlichen Ernährung liegt die Harnstoffmenge im Tagesharn in einem Bereich von etwa 30 g [9].
Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion sind nicht in der Lage, überschüssigen Harnstoff über die Nieren auszuscheiden. Betroffene sollten sich eiweißarm ernähren, um eine vermehrte Produktion und Ansammlung von Harnstoff in der Niere durch Aminosäure-Abbau zu vermeiden [9].
Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [29, 30].
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