Flavonole – Nebenwirkungen

Flavonole, eine Untergruppe der Flavonoide, sind bioaktive Verbindungen, die in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln wie Zwiebeln, Grünkohl, Äpfeln, Beeren, Tee und Rotwein vorkommen. Sie zeichnen sich durch ihre antioxidativen, antiinflammatorischen (entzündungshemmenden) und potenziell vasoprotektiven (gefäßschützenden) Eigenschaften aus. Trotz ihrer positiven gesundheitlichen Effekte können Flavonole in bestimmten Fällen Nebenwirkungen verursachen, insbesondere wenn sie in hohen Dosen (≥ 1000 mg/Tag) über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden. Die nachfolgend aufgeführten Nebenwirkungen sind dabei von klinischer Relevanz.

Gastrointestinale Beschwerden

  • Beschreibung: Der übermäßige Verzehr von Flavonolen, insbesondere aus hochkonzentrierten Quellen oder Supplementen (≥ 1.000 mg/Tag), kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen.
  • Symptome:
    • Übelkeit
    • Erbrechen
    • Bauchschmerzen
    • Blähungen
    • Diarrhö (Durchfall)
  • Mechanismus: Flavonole können die Magen-Darm-Motilität beeinflussen und in hohen Mengen die Darmmikrobiota modulieren, was zu gastrointestinalen Beschwerden führt.
  • Hinweis: Eine schrittweise Dosissteigerung und die Aufnahme in Kombination mit einer Mahlzeit können die Verträglichkeit verbessern.

Allergische Reaktionen

  • Beschreibung: Allergien auf flavonolhaltige Lebensmittel sind selten, können aber auftreten, insbesondere bei Personen mit einer Kreuzallergie zu Pollen oder anderen Pflanzenbestandteilen.
  • Symptome:
    • Hautausschläge (Urtikaria)
    • Juckreiz
    • Schwellungen (Angioödem)
    • Atembeschwerden
    • Anaphylaktische Reaktionen (sehr selten)
  • Hinweis: Betroffene sollten auf individuelle Unverträglichkeiten achten. Bei schweren Reaktionen ist eine sofortige medizinische Intervention erforderlich.

Wechselwirkungen mit Medikamenten

  • Beschreibung: Flavonole können mit verschiedenen Medikamenten interagieren, insbesondere solchen, die über das Cytochrom-P450-System der Leber metabolisiert werden.
  • Beispiele für Wechselwirkungen:
    • Antikoagulantien (Blutverdünner): Flavonole können die Plättchenaggregation beeinflussen und möglicherweise die Wirkung von Warfarin oder Acetylsalicylsäure verstärken.
    • Antihypertensiva (Blutdrucksenker): Eine potenzielle synergistische Wirkung auf die Vasodilatation kann die Wirkung von ACE-Hemmern oder Kalziumkanalblockern verstärken.
    • Antidepressiva: Flavonole können die Aktivität bestimmter Enzyme beeinflussen, die am Metabolismus von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) beteiligt sind.
  • Hinweis: Patienten unter pharmakologischer Therapie sollten den Verzehr flavonolreicher Nahrungsergänzungsmittel (≥ 1000 mg/Tag) mit ihrem Arzt absprechen.

Beeinträchtigung der Eisenaufnahme

  • Beschreibung: Flavonole, insbesondere Quercetin, können die intestinale Resorption von Nicht-Häm-Eisen (pflanzlichem Eisen) hemmen.
  • Mechanismus: Flavonole binden Eisenionen im Darm und reduzieren so dessen Bioverfügbarkeit.
  • Symptome eines möglichen Eisenmangels:
    • Müdigkeit
    • Blasse Haut
    • Haarausfall
    • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Hinweis: Flavonolreiche Lebensmittel wie Tee oder Rotwein sollten nicht gleichzeitig mit eisenhaltigen Speisen oder Eisenpräparaten konsumiert werden. Ein zeitlicher Abstand von mindestens einer Stunde vor und zwei Stunden nach der Eisenaufnahme ist empfohlen.

Potenzielle Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion

  • Beschreibung: Einige Flavonole, insbesondere Quercetin, zeigen in vitro eine hemmende Wirkung auf die Deiodinase, ein Enzym, das für die Umwandlung von Thyroxin (T4) in das aktive Trijodthyronin (T3) notwendig ist.
  • Mögliche Effekte:
    • Reduktion der T3-Spiegel
    • Verstärkung einer latenten Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Hinweis: Patienten mit einer Schilddrüsenfunktionsstörung sollten eine hohe Aufnahme von Flavonolen (≥ 1.000 mg/Tag) mit ihrem Arzt besprechen.

Beeinflussung des Glukosestoffwechsels

  • Beschreibung: Flavonole zeigen eine blutzuckersenkende Wirkung durch Modulation der Glukosetransporter (GLUT-4) und eine potenzielle Hemmung von α-Glucosidasen.
  • Mögliche Effekte:
    • Hypoglykämie (Unterzuckerung), insbesondere bei Diabetikern unter Therapie mit Insulin oder oralen Antidiabetika
  • Symptome einer Hypoglykämie:
    • Zittern
    • Schwitzen
    • Verwirrtheit
    • Tachykardie
  • Hinweis: Diabetiker sollten flavonolreiche Nahrungsergänzungsmittel (≥ 1.000 mg/Tag) mit ihrem behandelnden Arzt abklären.

Nephrotoxische (nierenschädigende) Effekte bei sehr hohen Dosen

  • Beschreibung: In Tierversuchen wurde gezeigt, dass hohe Dosen von Quercetin (≥ 1500 mg/Tag) oxidative Stressreaktionen in den Nieren auslösen können.
  • Mögliche Effekte:
    • Erhöhte Kreatinin- und Harnstoffwerte
    • Risiko einer chronischen Nierenschädigung bei prädisponierten Personen
  • Hinweis: Patienten mit bestehender Nierenerkrankung sollten auf hoch dosierte Flavonolsupplemente (≥ 1000 mg/Tag) verzichten.

Fazit

Flavonole sind wertvolle bioaktive Verbindungen mit vielfältigen positiven gesundheitlichen Effekten. Dennoch können sie, insbesondere in hohen Konzentrationen oder in Kombination mit bestimmten Medikamenten, Nebenwirkungen hervorrufen. Eine angepasste Dosierung und die Berücksichtigung individueller Risikofaktoren sind essenziell, um mögliche unerwünschte Effekte zu vermeiden [1, 2].

Literatur

  1. Schmidt E, Schmidt N (2022). Mikronährstoff-Therapie (1. Auflage). Urban & Fischer in Elsevier
  2. Hahn A, Ströhle A & Wolters M. (2023). Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie (4. Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft