Isoflavone – Sicherheitsbewertung
Tierexperimentelle Studien sind in ihrer Aussage zur Aufnahme von Soja-Isoflavonen widersprüchlich:
- Einige Studien zeigten, dass bei einem bestehenden Mammakarzinom (Tumor des Brustdrüsengewebes) das Wachstum der Tumorzellen durch Isoflavone beschleunigt werden kann.
- In Studien an Mäusen führte die Gabe von isoliertem Genistein bei bestehendem Brustkrebs zu einer verstärkten Ausbreitung des Tumorgewebes [1].
- Die Kombination verschiedener Phytoöstrogene (Isoflavone und Lignane) in vergleichbarer Menge verminderte hingegen das Tumorwachstum [3].
- Andere Studien stellten kein Risiko fest.
- Einige Studien an ehemaligen Brustkrebspatientinnen zeigten nach Isoflavongabe sogar ein vermindertes Risiko für das Wiederauftreten von Tumoren [2].
Die Daten aus den Tierstudien lassen sich aber nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen.
Nationale und internationale Fachgesellschaften sehen Folgendes als unbedenklich an:
- Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind oder waren, dürfen Soja in Form von Lebensmitteln zu sich nehmen, und zwar täglich 1-2 Portionen (1 Portion entspricht beispielsweise 250 ml Sojamilch oder 100 g Tofu).
Die aufgenommene Menge an Isoflavonen aus Soja bzw. Sojaprodukten liegt dabei zwischen 25 und 50 mg [4]. - Eine medikamentöse Brustkrebstherapie mit Tamoxifen oder sogenannten Aromatasehemmern stellt keinen Grund dar, sojahaltige Lebensmittel vom Speiseplan zu streichen [4].
Zur Aufnahme isolierter Isoflavone aus Nahrungsergänzungen lässt sich Folgendes sagen [5, 6]:
- Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommen zu dem Schluss, dass die in Humanstudien verwendete Dosierung und Dauer der Einnahme, unter denen nachteilige Effekte zumindest auf die untersuchten Zielorgane (Brustdrüse, Gebärmutter und Schilddrüse) nicht beobachtet wurden, als Orientierung für eine als hinreichend sicher anzusehende Verwendung von isolierten Isoflavonen in Nahrungsergänzungsmitteln bei Frauen ohne bestehende östrogenabhängige Erkrankungen in der Zeit nach der Menopause (Postmenopause) anzusehen. Für die Brustdrüse bedeutet das:
- kein erhöhtes Risiko für ein Mammakarzinom (Brustkrebs)
- keine erhöhte Gewebedichte in der Mammographie (Röntgenuntersuchung der Brust)
- keine Effekte auf die Expression (Ausschüttung) des Proliferationsmarkers KI-67 (Synonym: MIB1, Proliferationsmarker zur Objektivierung und Absicherung des Gradings; lässt Rückschlüsse auf das Wachstumsverhalten zu)
- Angesichts der von der EFSA angesprochenen unzureichenden Datenlage für perimenopausale Frauen sollten aus Sicht des BfR im Falle der Anwendung in der Phase um die Menopause herum die genannten Orientierungswerte bis auf weiteres ebenfalls nicht überschritten werden.
- Aufgrund der unzureichenden Datenlage ist für folgende Personen die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit isolierten Isoflavonen nicht zu empfehlen: Frauen,
- mit einer ehemaligen diagnostizieren östrogen-abhängigen (Krebs-)Erkrankung der Brustdrüse oder der Gebärmutter als Vorgeschichte
- mit einer entsprechenden aktuellen Diagnose
Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [7-9].
Literatur
- DFG – Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln: Isoflavone als Phytoestrogene in Nahrungsergänzungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke; Endfassung vom 10. November 2006
- Shu XO, Zheng Y, Cai H et al.: Soy food intake and breast cancer survival. JAMA. 2009; 302 (22): 2437-2443
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) (Hrsg.); Ernährungsbericht 2008; Bonn 2008, ISBN 978-3-88749-214-4
- dkfz. Deutsches Krebsforschungszentrum Krebsinformationsdienst: Soja und Brustkrebs. 22.03.2019; www.krebsinformationsdienst.de/fachkreise/nachrichten/2019
- Bundesinstitut für Risikobewertung BfR: Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen: Bei Einnahme in und nach den Wechseljahren Orientierungswerte für Dosierung und Anwendungsdauer einhalten. Mitteilung Nr. 043/2015 des BfR vom 16. November 2015
- EFSA ANS Panel (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food): Scientific opinion on the risk assessment for peri- and post-menopausal women taking food supplements containing isolated isoflavones. EFSA Journal 2015; 13 (10): 4246, 342 pp.
- Schmidbauer C (Hrsg.). (2020). Mikronährstoff-Coach. Das große BIOGENA-Kompendium der Nährstoffe (4. Auflage). Verlagshaus der Ärzte
- Schmidt E, Schmidt N. (2022). Mikronährstoff-Therapie (1. Auflage). Urban & Fischer in Elsevier
- Hahn A, Ströhle A & Wolters M. (2023). Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie (4. Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft