Lutein – Definition, Synthese, Resorption, Transport und Verteilung
Lutein (lat.: luteus "gelb") ist ein bekannter Vertreter der Carotinoide (lipophile (fettlösliche) Pigmentfarbstoffe pflanzlicher Herkunft) – jene sekundären Pflanzenstoffe (bioaktive Substanzen mit gesundheitsfördernder Wirkung – "anutritive Inhaltsstoffe"), die dem pflanzlichen Organismus ihre gelbe bis rötliche Farbe geben [4, 5, 19, 22, 26, 53, 55].
Lutein besteht aus insgesamt 40 Kohlenstoff- (C-), 56 Wasserstoff- (H-) und 2 Sauerstoff- (O-) Atomen – Summenformel C40H56O2. Somit wird Lutein, wie auch Zeaxanthin und Beta-Cryptoxanthin, zu den Xanthophyllen gezählt, die im Vergleich zu den Carotinen, wie Alpha-Carotin, Beta- Carotin und Lycopin, neben Kohlenstoff und Wasserstoff zusätzlich funktionelle Sauerstoffgruppen – in Form von 2 Hydroxy (OH)-Gruppen im Falle des Lutein – enthalten [4, 5, 7, 15, 19, 26, 34, 53, 55].
Strukturmerkmal von Lutein ist die mehrfach ungesättigte Polyenstruktur (organische Verbindung mit mehreren Kohlenstoff-Kohlenstoff (C-C)-Doppelbindungen), bestehend aus 8 Isoprenoid-Einheiten und 11 Doppelbindungen, wovon 10 konjugiert (mehrere aufeinander folgende Doppelbindungen, die durch genau eine Einfachbindung getrennt sind) sind. An beiden Enden der Isoprenoidkette ist je ein mit Sauerstoff substituierter Trimethylcyclohexen-Ring (1 Alpha-, 1 Beta-Iononring) gebunden [4, 5, 19, 26, 34, 53, 55]. Das System konjugierter Doppelbindungen ist sowohl für die gelborange Farbe als auch für einige physikochemische Eigenschaften des Luteins verantwortlich, die im direkten Zusammenhang mit deren biologischen Wirkungen stehen [48]. Trotz der polaren OH-Gruppe an dem Alpha- und Beta-Iononring ist Lutein ausgesprochen lipophil (fettlöslich), was die intestinale Resorption (Aufnahme über den Darm) und Verteilung im Organismus beeinflusst [4].
Lutein kann in verschiedenen geometrischen Formen (cis-/trans-Isomere) auftreten, die ineinander umwandelbar sind [4, 5, 19]:
- all-trans-(3R, 3´R, 6´R)-Lutein
- 9-cis-Lutein
- 9´-cis-Lutein
- 13-cis-Lutein
- 13´-cis-Lutein
In der Pflanze liegt das dicyclische Xanthophyll vorrangig (~ 98 %) als stabiles all-trans-Isomer vor. Im menschlichen Organismus können teils verschiedene isomere Formen nebeneinander vorkommen [4, 5, 53, 55, 60]. Exogene Einflüsse, wie Hitze und Licht, können die Konfiguration von Lutein aus Lebensmitteln verändern [5, 55]. Die cis-Isomere des Luteins weisen im Gegensatz zu den all-trans-Isomeren eine bessere Löslichkeit, höhere Absorptionsrate sowie einen schnelleren intra- und extrazellulären Transport auf [5].
Von den rund 700 identifizierten Carotinoiden sind etwa 60 durch den menschlichen Stoffwechsel in Vitamin A (Retinol) umwandelbar und weisen somit Provitamin A-Aktivität auf. Da bei Lutein beide Ringsysteme Sauerstoff enthalten, gehört es nicht zu den Provitaminen A [4, 5, 19, 26, 53, 55].
Synthese
Carotinoide werden von allen zur Photosynthese befähigten Pflanzen, Algen und Bakterien synthetisiert (gebildet). Bei höheren Pflanzen erfolgt die Carotinoidsynthese sowohl im photosynthetisch aktiven Gewebe als auch in den Blütenblättern, Früchten und Pollen. Die Produktion von Carotinoiden in der Natur wird pro Jahr auf etwa 108 Tonnen geschätzt, wovon das meiste auf die 4 Hauptcarotinoide Lutein, Fucoxanthin – in Algen –, Violaxanthin und Neoxanthin – in Pflanzen – entfällt. Schließlich wurden in bisher allen untersuchten Blattteilen Carotinoide, vor allem Xanthophylle, entdeckt, insbesondere solche mit dicyclischer Struktur und Hydroxysubstituenten an C-3 oder C-3´-Position. Da insbesondere Lutein in freier sowie veresterter Form in zahlreichen Pflanzenarten und -gattungen vorkommt, ist es das wahrscheinlich wichtigste Carotinoid für die Funktionalität pflanzlicher Organismen [5, 19, 26, 53].
Die Biosynthese von Lutein erfolgt aus Alpha-Carotin durch Hydroxylierung beider Iononringe mittels spezifischer Hydroxylasen – enzymatische Einführung von OH-Gruppen. In den Zellen des pflanzlichen Organismus wird Lutein in den Chromoplasten (durch Carotinoide orange, gelb und rötlich gefärbten Plastiden in Blütenblättern, Früchten oder Speicherorganen (Karotten) von Pflanzen) und Chloroplasten (Organellen der Zellen von Grünalgen und höheren Pflanzen, die Photosynthese betreiben) – eingebunden in eine komplexe Matrix aus Proteinen, Lipiden und/oder Kohlenhydraten – eingelagert [4, 22, 26, 53]. Während das Xanthophyll in den Chromoplasten der Blütenblätter und Früchte der Anlockung von Tieren – für die Pollenübertragung und Samenverteilung – dient, bietet es in den Chloroplasten der Pflanzenblätter als Bestandteil der Lichtsammelkomplexe Schutz vor photooxidativen Schäden. Der antioxidative Schutz wird durch sogenanntes Quenching (Entgiftung, Inaktivierung) reaktiver Sauerstoffverbindungen (1O2, Singulettsauerstoff) erreicht, wobei Lutein Strahlungsenergie über den Triplettzustand direkt absorbiert (aufnimmt) und über Wärmeabgabe deaktiviert. Da die Fähigkeit zum Quenching mit der Anzahl der Doppelbindungen steigt, besitzt Lutein mit seinen 11 Doppelbindungen eine hohe Quenching-Aktivität [4, 15, 20, 26, 34, 43, 53, 55]. In den Herbstmonaten wird in den Chloroplasten neben Neoxanthin und Beta-Carotin vor allem Chlorophyll (grüner Pflanzenfarbstoff) abgebaut. Der Anteil an Lutein verringert sich hingegen nicht. Auf diesem Grund verlieren die Pflanzenblätter im Herbst ihre grüne Farbe und das Gelb des Luteins wird sichtbar [48].
Lutein ist in der Natur weit verbreitet und neben Alpha- und Beta-Carotin, Beta-Cryptoxanthin, Lycopin sowie Zeaxanthin das in pflanzlichen Nahrungsmitteln meist vorkommende Carotinoid [23, 44]. Es wird stets von Zeaxanthin begleitet und findet sich mit diesem vorwiegend in dunkelgrünen Blattgemüsen, wie Grünkohl, Spinat, Rübstiel und Petersilie, wobei der Gehalt je nach Sorte, Jahreszeit, Reifegrad, Wachstums-, Ernte- und Lagerbedingungen sowie in den unterschiedlichen Teilen der Pflanze stark variieren kann [4, 5, 19, 26, 34, 53, 55, 61]. So ist beispielsweise in den äußeren Blättern von Kohl 150-mal mehr Lutein enthalten als in den inneren Blättern [34, 44]. Über pflanzliche Futtermittel gelangt Lutein in den tierischen Organismus, wo es sich in Blut, Haut oder Gefieder anreichert und Lock-, Warn- beziehungsweise Tarnfunktion hat. So ist Lutein beispielsweise für die gelbe Farbe der Schenkel und Krallen von Hühnern, Gänsen und Enten verantwortlich. Auch die Farbe des Eigelbs ist auf die Anwesenheit von Xanthophyllen, vor allem von Lutein und Zeaxanthin – im Verhältnis von etwa 4:1 –, zurückzuführen. Lutein macht im Eidotter einen Anteil von etwa 70 % aus [4, 5, 19, 26, 35, 53, 55]. Insbesondere enthalten die Eier von Hühnern, Enten und Kanarienvögel reichlich Lutein [5, 48]. Nach Chung et al (2004) ist die Bioverfügbarkeit des Xanthophylls aus luteinreichen Hühnereiern signifikant höher als aus pflanzlichen Lebensmitteln, wie Spinat, oder Luteinsupplementen [11].
Industriell wird das dicyclische Xanthophyll durch Extraktion luteinhaltiger Pflanzenteile, insbesondere aus den Blütenblättern von Tagetes (Studentenblume, krautige Pflanze mit zitronengelben bis braunroten Blütenständen), gewonnen. Durch gentechnologische Methoden ist es möglich, Gehalt und Muster von Carotinoiden in Pflanzen zu beeinflussen und somit die Luteinkonzentration gezielt zu erhöhen [4]. Aus Pflanzen extrahiertes Lutein findet sowohl als Lebensmittelfarbstoff (E161b), unter anderem zur Einfärbung von kohlensäurefreien Getränken, Energieriegeln und diätetischen Lebensmitteln, als auch als Futtermittelzusatz, um Färbungen in tierischen Produkten zu erzielen, Verwendung. So wird Lutein beispielsweise dem Hühnerfutter zur Intensivierung der Farbe des Eigelbs zugesetzt [13].
Resorption
Aufgrund seines lipophilen (fettlöslichen) Charakters wird Lutein im Rahmen der Fettverdauung im oberen Dünndarm resorbiert (aufgenommen). Dies macht die Anwesenheit von Nahrungsfetten (3-5 g/Mahlzeit) als Transportmittel, von Gallensäuren zur Solubilisierung (Erhöhung der Löslichkeit) und Micellenbildung und von Esterasen (Verdauungsenzymen) zur Spaltung von verestertem Lutein notwendig [4, 15, 19, 25, 26, 55, 63, 66].
Nach Freisetzung aus der Nahrungsmatrix vereint sich Lutein im Dünndarmlumen mit anderen lipophilen Substanzen und Gallensäuren zu gemischten Micellen (kugelförmige Gebilde mit 3-10 nm Durchmesser, in denen die Lipidmoleküle so angeordnet sind, dass die wasserlöslichen Molekülanteile nach außen und die wasserunslöslichen Molekülanteile nach innen gekehrt sind) – Micellarphase zur Solubilisierung (Erhöhung der Löslichkeit) der Lipide –, die über einen passiven Diffusionsprozess in die Enterozyten (Zellen des Dünndarmepithels) des Duodenums (Zwölffingerdarm) und Jejunums (Leerdarm) aufgenommen werden [2, 4, 15, 19, 26, 50, 55, 66].
Die Absorptionsrate von Lutein aus pflanzlichen Lebensmitteln ist intra- und interindividuell sehr unterschiedlich und beträgt je nach Anteil gleichzeitig zugeführter Fette zwischen 30 bis 60 % [1, 4, 8, 15, 19, 43, 55].
Im Hinblick auf ihren fördernden Einfluss auf die Lutein-Absorption sind gesättigte Fettsäuren weitaus effektiver als mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Polyenfettsäuren, PFS), was wie folgt begründet werden kann [15]:
- PFS erhöhen die Größe gemischter Micellen, wodurch die Diffusionsgeschwindigkeit sinkt
- PFS verändern die Ladung der micellaren Oberfläche und setzen somit die Affinität (Bindungsstärke) zu den Enterozyten (Zellen des Dünndarmepithels) herab
- PFS (Omega-3- und -6-Fettsäuren) beanspruchen in Lipoproteinen (Aggregate aus Lipiden und Proteinen – micellenähnliche Partikel –, die dem Transport lipophiler Substanzen im Blut dienen) mehr Raum als gesättigte Fettsäuren und begrenzen somit den Raum für andere lipophile Moleküle, darunter Lutein
- PFS, vor allem Omega-3-Fettsäuren, hemmen die Lipoproteinsynthese
Die Bioverfügbarkeit von Lutein ist neben der Fettzufuhr auch von folgenden endogenen und exogenen Faktoren abhängig [4, 8, 14, 15, 19, 26, 30, 43, 49-51, 55, 63, 66]:
- Menge an alimentär (mit der Nahrung) zugeführtem Lutein – mit steigender Dosis nimmt die relative Bioverfügbarkeit des Carotinoids ab
- Isomere Form – Lutein wird im Gegensatz zu anderen Carotinoiden, wie Beta-Carotin, in seiner cis-Konfiguration besser resorbiert als in seiner all-trans-Form; Hitzebehandlung, wie Kochen, fördert die Umwandlung von all-trans- zu cis-Lutein [4, 5]
- Nahrungsquelle
- Aus Supplementen (isoliertes Lutein in öliger Lösung – frei vorliegend oder mit Fettsäuren verestert) ist das Carotinoid besser verfügbar als aus pflanzlichen Lebensmitteln (natives, komplexgebundenes Lutein), was sich in einem deutlich höheren Anstieg des Lutein-Serumspiegels nach Einnahme von Supplementen gegenüber der Aufnahme gleicher Mengen aus Obst und Gemüse äußert [63, 66]
- Aus tierischen Nahrungsmitteln, beispielsweise Eier, ist die Absorptionsrate des Xanthophylls signifikant höher als aus Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft, wie Spinat, oder Luteinsupplementen [11]
- Lebensmittelmatrix, in die Lutein eingebunden ist – aus verarbeitetem Gemüse (mechanische Zerkleinerung, Hitzebehandlung, Homogenisierung) wird Lutein deutlich besser resorbiert (> 15 %) als aus rohen Lebensmitteln (< 3 %), da das Carotinoid in rohen Gemüsen in der Zelle kristallin vorliegt und von einer festen, schwer resorbierbaren Cellulose- und/oder Proteinmatrix umschlossen ist [63, 66]; da Lutein hitzeempfindlich ist, sollten luteinhaltige Nahrungsmittel schonend zubereitet werden, um die Verluste so gering wie möglich zu halten [4, 15, 53]
- Interaktionen mit anderen Nahrungsmittelinhaltsstoffen:
- Ballaststoffe, wie Pektine aus Früchten, setzen die Bioverfügbarkeit von Lutein herab, indem diese schwerlösliche Komplexe mit dem Carotinoid bilden
- Olestra (synthetischer Fettersatzstoff, bestehend aus Estern von Saccharose und langkettigen Fettsäuren (? Saccharosepolyester), der von den körpereigenen Lipasen (fettspaltende Enzyme) aufgrund sterischer Hinderung nicht gespalten werden kann und unverändert ausgeschieden wird) reduziert die Lutein-Resorption [15, 41]; nach Koonsvitsky et al (1997) resultiert aus einer täglichen Zufuhr von 18 g Olestra über einen Zeitraum von 3 Wochen ein Abfall des Carotinoid-Serumspiegels um 27 % [29]
- Phytosterine und -stanole (in fettreichen Pflanzenteilen, wie Samen, Keime und Kerne, vorkommende chemische Verbindungen aus der Klasse der Sterine, die der Struktur des Cholesterins sehr ähnlich sind und deren Absorption kompetitiv hemmen) können die intestinale (darmbezogene) Aufnahme von Lutein beeinträchtigen; so kann die regelmäßige Verwendung von phytosterolhaltigen Brotaufstrichen, wie Margarine, zu einem mäßig erniedrigten (um 10-20 %) Carotinoid-Serumspiegel führen [27, 65]; durch eine gleichzeitig erhöhte tägliche Zufuhr carotinoidreicher Obst- und Gemüsesorten lässt sich eine Reduktion der Carotinoidkonzentration im Serum durch den Verzehr phytosterolhaltiger Margarine verhindern [45, 46]
- Die Aufnahme von Carotinoidgemischen, wie Lutein, Beta-Carotin, Cryptoxanthin und Lycopin, kann die intestinale Lutein-Aufnahme – auf Ebene der Inkorporation in die gemischten Micellen im Darmlumen, der Enterozyten (Dünndarmzellen) während des intrazellulären Transports und des Einbaus in Lipoproteine – sowohl hemmen als auch fördern, wobei starke interindividuelle Unterschiede auftreten [14, 30, 38, 53, 62]; so führt die Verabreichung hoher Beta-Carotin-Dosen (12-30 mg/d) bei einigen Personen zu einer gesteigerten Luteinabsorption und zu einem Anstieg des Lutein-Serumspiegels [7, 30], während eine solche bei anderen Probanden mit einer verminderten Luteinresorption und einem Abfall des Lutein-Serumspiegels einher geht – vermutlich aufgrund von kinetischen Verdrängungsvorgängen entlang der intestinalen Mukosa (Darmschleimhaut) [1, 18, 19, 30, 38, 42, 47, 62]
- Proteine und Vitamin E steigern die Lutein-Resorption [43]
- Individuelle Verdauungsleistung, wie mechanische Zerkleinerung im oberen Verdauungstrakt, pH-Wert des Magens, Gallenfluss – gründliches Kauen und ein niedriger pH-Wert des Magensaftes fördern den Zellaufschluss und die Freisetzung von gebundenem beziehungsweise verestertem Lutein, was die Bioverfügbarkeit des Carotinoids erhöht; ein verminderter Gallenfluss senkt die Bioverfügbarkeit aufgrund der beeinträchtigten Micellenbildung
- Versorgungsstatus des Organismus
- Genetische Faktoren
Transport und Verteilung im Körper
In den Enterozyten (Zellen des Dünndarmepithels) des oberen Dünndarms wird Lutein gemeinsam mit anderen Carotinoiden und lipophilen Substanzen, wie Triglyceride, Phospholipide und Cholesterin, in Chylomikronen (CM, lipidreiche Lipoproteine) eingebaut, die durch Exocytose (Stofftransport aus der Zelle) in die Zwischenräume der Enterozyten sezerniert (abgesondert) und über die Lymphe abtransportiert werden. Über den Truncus intestinalis (unpaarer Lymphsammelstamm der Bauchhöhle) und Ductus thoracicus (Lymphsammelstamm der Brusthöhle) gelangen die Chylomikronen in die Vena subclavia (Schlüsselbeinvene) beziehungsweise Vena jugularis (Halsader), die zur Vena brachiocephalica (linke Seite) zusammenfließen – Angulus venosus (Venenwinkel). Die Venae brachiocephalicae beider Seiten vereinen sich zur unpaaren Vena cava superior (obere Hohlvene), die in den rechten Herzvorhof mündet. Durch die Pumpkraft des Herzens werden die Chylomikronen in den peripheren Blutkreislauf eingebracht [4, 15, 19, 26, 40, 53, 55, 66].
Durch eine einmalige Gabe der halophilen Meeresalge Dunaliella salina, die beträchtliche Mengen an Carotinoiden, darunter (all-trans-, cis-)Beta-Carotin, Alpha-Carotin, Cryptoxanthin, Lycopin, Lutein und Zeaxanthin, produzieren kann, konnte im Blut gesunder Personen gezeigt werden, dass Chylomikronen bevorzugt die Xanthophylle Lutein und Zeaxanthin gegenüber den Carotinen, wie Alpha- und Beta-Carotin, einlagern. Als Ursache wird die höhere Polarität von Xanthophyllen diskutiert, die zu einer effizienteren Aufnahme von Lutein sowohl in die gemischten Micellen als auch in die Lipoproteine im Vergleich zu Beta-Carotin führt [8, 16, 19, 55].
Chylomikronen haben eine Halbwertszeit (Zeit, in der sich ein exponentiell mit der Zeit abnehmender Wert halbiert hat) von etwa 30 Minuten und werden während des Transports zur Leber zu Chylomikronen-Remnants (CM-R, fettarme Chylomikronen-Restpartikel) abgebaut. In diesem Zusammenhang spielt die Lipoproteinlipase (LPL) eine entscheidende Rolle, die sich auf der Oberfläche von Endothelzellen der Blutkapillaren befindet und durch Lipidspaltung zur Aufnahme freier Fettsäuren (FFS) und geringer Mengen an Lutein in verschiedene Gewebe, zum Beispiel Muskel-, Fettgewebe und Milchdrüse, führt. Der überwiegende Teil des Luteins verbleibt jedoch in den CM-R, die an spezifische Rezeptoren der Leber binden und mittels rezeptorvermittelter Endozytose (Einstülpungsvorgang der Zellmembran – Abschnürung CM-R-haltiger Vesikel (Zellorganellen) ins Zellinnere) in die Parenchymzellen der Leber aufgenommen werden. In den Leberzellen wird Lutein teilweise gespeichert, ein anderer Teil wird in VLDL (very low density lipoproteins; lipidhaltige Lipoproteine sehr geringer Dichte) eingelagert, durch die das Carotinoid über den Blutkreislauf zu extrahepatischen ("außerhalb der Leber") Geweben gelangt [15, 19, 26]. Indem im Blut zirkulierendes VLDL an periphere Zellen bindet, werden die Lipide durch Einwirkung der LPL gespalten und die dabei freiwerdenden lipophilen Substanzen, darunter Lutein, durch passive Diffusion internalisiert (nach innen aufgenommen). Daraus resultiert der Katabolismus (Abbau) von VLDL zu IDL (intermediate density lipoproteins). IDL-Partikel können entweder von der Leber rezeptorvermittelt aufgenommen und dort abgebaut oder im Blutplasma durch eine Triglyceridlipase (fettspaltendes Enzym) zum cholesterinreichen LDL (low density lipoproteins; cholesterinreiche Lipoproteine geringer Dichte) metabolisiert (verstoffwechselt) werden. An LDL gebundenes Lutein wird einerseits über rezeptorvermittelte Endozytose in Leber und extrahepatische Gewebe aufgenommen und andererseits auf HDL (high density lipoproteins; proteinreiche Lipoproteine hoher Dichte) übertragen, die am Transport von Lutein und anderen lipophilen Molekülen, vor allem Cholesterin, aus peripheren Zellen zurück zur Leber beteiligt sind [4, 15, 19, 26, 55].
In den menschlichen Geweben und Organen findet sich ein komplexes Gemisch von Carotinoiden, das sowohl qualitativ (Muster der Carotinoide) als auch quantitativ (Konzentration der Carotinoide) starken individuellen Schwankungen unterworfen ist [28, 60]. Lutein, Zeaxanthin, Alpha- und Beta-Carotin, Lycopin sowie Alpha- und Beta-Cryptoxanthin sind die Hauptcarotinoide im Organismus und tragen etwa 80 % zum Gesamtcarotinoidgehalt bei [4].
Lutein kommt in allen Geweben und Organen des Menschen vor, wobei es jedoch deutliche Konzentrationsunterschiede gibt. Neben Leber, Nebennieren, Testes (Hoden) und Ovarien (Eierstöcke) – vor allem der Corpus luteum (Gelbkörper) – weist insbesondere der Gelbe Fleck des Auges (lat.: Macula lutea, der Bereich der Retina (Netzhaut) mit der größten Dichte an Sehzellen ("der Punkt des schärfsten Sehens") einen hohen Gehalt an Lutein auf [4, 19, 26, 31, 53, 55, 60]. Der Gelbe Fleck befindet sich in der Mitte der Retina temporal (schläfenseitig) der Sehnervenpapille gelegen und hat einen Durchmesser von 3-5 mm. Bei den Sehzellen der Macula lutea handelt es sich hauptsächlich um die für die Farbwahrnehmung verantwortlichen Zapfen. Die Macula enthält Lutein und Zeaxanthin als einzige Carotinoide, weshalb Lutein im Zusammenspiel mit Zeaxanthin eine essentielle (lebensnotwendige) Bedeutung beim Sehprozess zukommt [4, 31, 53]. Beide Xanthophylle können mit hoher Effizienz blaues (energiereiches kurzwelliges) Licht absorbieren und somit die Netzhautzellen vor photooxidativen Schäden schützen, die bei der Pathogenese (Entstehung) der senilen (altersbedingten) Makuladegeneration (AMD) eine Rolle spielen [4, 19, 31, 53]. Die AMD ist durch einen allmählichen Funktionsverlust der Netzhautzellen gekennzeichnet und die Hauptursache für eine Erblindung bei Menschen im Alter von > 50 Jahren in den Industrieländern [24, 53]. Epidemiologischen Studien zur Folge ist eine erhöhte Zufuhr von Lutein und Zeaxanthin (mindestens 6 mg/Tag aus Früchten und Gemüsen) mit einem Anstieg der Pigmentdichte in der Macula und einem verminderten Risiko, an AMD zu erkranken, assoziiert [19, 26, 32, 33, 36, 37, 53, 55-58]. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass eine tägliche Supplementation mit Lutein (10 mg/Tag) – allein beziehungsweise im Verbund mit Antioxidantien, Vitaminen und Mineralstoffen – die Sehfunktion (Sehschärfe und Kontrastempfindlichkeit) bei Patienten mit atrophischer AMD verbessern kann [3, 19, 54]. Ferner stellten Dagnelie et al (2000) eine Verbesserung der mittleren Sehschärfe und des mittleren Sehfeldes bei Patienten mit Retinitis pigmentosa und anderen Degenerationen der Retina (genetisch bedingter oder durch spontane Mutation ausgelöster schrittweiser Funktionsverlust des Netzhautgewebes, bei dem vor allem die Photorezeptoren zugrunde gehen) durch die Einnahme von Lutein (40 mg/Tag) fest [12].
Neben der Macula lutea kommen auch in der Augenlinse Lutein und Zeaxanthin als einzige Carotinoide vor. Indem die dicyclischen Xanthophylle die Linsenproteine vor photooxidativen Schäden bewahren, können sie die Progression (Fortschreiten) des Katarakts (Grauer Star, Trübung der Augenlinse) verhindern beziehungsweise verlangsamen [17, 19-21, 26, 31, 53, 55]. Dafür sprechen mehrere prospektive Studien, in denen eine vermehrte Aufnahme lutein- und zeaxanthinreicher Lebensmittel, wie Spinat, Grünkohl und Brokkoli, die Wahrscheinlichkeit, eine Katarakt zu entwickeln [10, 17, 21, 35, 39, 55] beziehungsweise eine Kataraktextraktion (operativer Eingriff, bei dem die getrübte Augenlinse entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt wird) zu benötigen [6, 9, 21, 26], um 18-50 % senken konnte.
Im Hinblick auf die absolute Konzentration und den Beitrag des Gewebes zum Gesamtgewicht des Organismus ist Lutein größtenteils im Fettgewebe (circa 65 %) und in der Leber lokalisiert. Daneben findet sich Lutein geringfügig in Lunge, Gehirn, Herz, Skelettmuskulatur und Haut [4, 26, 43, 53, 55, 60]. Zwischen der Gewebespeicherung und oralen Zufuhr des Carotinoids herrscht eine direkte jedoch nicht lineare Korrelation (Beziehung). So wird Lutein nach Aussetzen der Zufuhr nur sehr langsam über mehrere Wochen aus den Gewebedepots freigesetzt [53].
Im Blut wird Lutein durch Lipoproteine transportiert, die sich aus lipophilen Molekülen und Apolipoproteinen (Proteinanteil, Funktion als strukturelles Gerüst und/oder Erkennungs- und Andockmolekül, beispielsweise für Membranrezeptoren), wie Apo A-I, B-48, C-II, D und E, zusammensetzen. Das Carotinoid ist zu 75-80 % an LDL, zu 10-25 % an HDL und zu 5-10 % an VLDL gebunden [15, 26, 49, 53, 55, 59]. Bei normaler Mischkost liegt die Lutein-Serumkonzentration zwischen 129-628 µg/l (0,1-1,23 µmol/l) und variiert je nach Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand, Gesamtkörperfettmasse sowie Höhe des Alkohol- und Tabakkonsums [5, 7, 23, 53, 55]. Die Supplementierung standardisierter Luteindosen konnte bestätigen, dass bezüglich der Lutein-Serumkonzentration große interindividuelle Schwankungen auftreten [53].
Im menschlichen Serum und in der Muttermilch wurden von den rund 700 bekannten Carotinoiden bisher 34, einschließlich 13 geometrischer all-trans-Isomere, identifiziert [7, 28, 52, 53, 64]. Dabei konnten Lutein, Cryptoxanthin, Zeaxanthin, Alpha- und Beta-Carotin sowie Lycopin am häufigsten nachgewiesen werden [15, 43, 52, 64].
Ausscheidung
Nicht resorbiertes Lutein verlässt den Körper mit den Fäzes (Stuhl), während deren Metabolite (Abbauprodukte) über den Urin eliminiert werden [15, 55]. Um die Metabolite in eine ausscheidbare Form zu überführen, werden diese – wie alle lipophilen (fettlöslichen) Substanzen – der Biotransformation unterzogen [15, 19, 53].
Die Biotransformation findet in vielen Geweben, vor allem in der Leber, statt und kann in zwei Phasen unterteilt werden [26, 53]:
- In Phase I werden die Metabolite des Luteins zur Erhöhung der Löslichkeit durch das Cytochrom-P-450-System hydroxyliert (Einfügen einer OH-Gruppe)
- In Phase II erfolgt die Konjugation mit stark hydrophilen (wasserlöslichen) Stoffen – dazu wird mit Hilfe der Glucuronyltransferase Glucuronsäure auf die zuvor eingefügte OH-Gruppe der Metabolite übertragen
Ein Großteil der Metabolite des Luteins ist noch nicht aufgeklärt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Ausscheidungsprodukten vorwiegend um glucuronidierte Metabolite handelt [26, 53].
Nach einmaliger Gabe beträgt die Verweildauer der Carotinoide im Körper zwischen 5-10 Tagen [53, 55].
Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [67, 68].
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