Chrom – Funktionen
Chrom beeinflusst als wesentlicher Bestandteil des sogenannten Glukosetoleranzfaktors (GTF) den Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel (Eiweißstoffwechsel) [6, 9].
Einfluss auf die Insulinwirkung – Verbesserung der Glukosetoleranz
Der Glukosetoleranzfaktor stellt die biologisch aktive Form des Chroms dar. Dessen genaue Struktur ist noch nicht eindeutig geklärt. Der GTF scheint aus einem oder mehreren einander ähnlichen dreiwertigen Chromkomplexen zu bestehen [9]. An einem Chromatom sind zwei Moleküle Vitamin B3 (Nicotinsäure) sowie je ein Molekül Glycin, Cystein und Glutamat – Glutaminsäure – gebunden [4, 5, 9].
Weiterhin wird vermutet, dass auch Aspartat – Asparaginsäure – Bestandteil des GTF sein könnte. Das bestätigte eine Untersuchung an verschiedenen Geweben, aus denen ein Chrombindendes Oligopeptid mit einem niedrigen Molekulargewicht von 1.500 isoliert wurde. Dieses besteht aus Glycin, Cystein, Glutamat und Aspartat und wurde von Vincent als „Chromodulin“ bezeichnet [17, 18].
Chromodulin wirkt über die Aktivierung eines bestimmten Enzyms [7]. Es ist für die Aktivierung der Tyrosinkinase-Aktivität des Insulinrezeptors verantwortlich [4, 17, 18]. Auf diese Weise steuert der chromhaltige GTF die Bindung von Insulin, einem glucosesenkenden (blutzuckersenkenden) Peptidhormon, an den insulinspezifischen Rezeptor.
Schließlich wird so die Insulinwirkung an den Zielzellen potenziert und die Aufnahme von Glucose und Aminosäuren in Leber-, Muskel- und Fettzellen beschleunigt, wodurch die zirkulierenden Mengen an Glucose, Insulin sowie Glukagon – Glucose erhöhendes Peptidhormon – im Serum nach Glucosebelastung vermindert wird.
Infolge des vermehrten Einstroms von Glucose und Aminosäuren in Leber, Muskulatur und Fettgewebe wird die intrazelluläre Glykogen-, Protein- und Triglyceridsynthese stimuliert [5].
Weitere Hypothesen für eine Aktivierung der Insulinwirkung durch Chrom [9, 10]:
- Cr+3 als Bestandteil des Glukosetoleranzfaktors fördert die Bildung von Insulin-Insulinrezeptor-Komplexen, welche Wechselwirkungen zwischen Insulin und insulinsensitiven Geweben ermöglichen
- Chrom reguliert über den Einfluss auf die Genexpression die Bildung eines Moleküls, das die Insulinwirkung verstärkt
Einfluss auf das Lipidprofil – Triglyceride, LDL und HDL
Das essentielle Spurenelement Chrom ist in der Lage, die Lipidkonzentration des Gesamt- und LDL-Cholesterins sowie die Triglyceridwerte zu senken. Zugleich lässt Chrom das HDL-Cholesterin im Serum ansteigen [4, 9, 13, 15, 16].
Somit verhindert das Spurenelement die Bildung arteriosklerotischer Plaques (krankhafte Ablagerungen an den Gefäßwänden) in den Gefäßwänden [4, 15].
Ein Chrommangel kann mit folgenden Symptomen einhergehen [4, 5, 9, 10, 12]:
- Verminderte Glukosetoleranz (gestörte Glucoseverwertung)
- Ein um 50 % reduzierter Einbau von Glucose in Muskel- und Leberglykogen
- Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel)
- Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung) – erhöhte LDL- und Triglyceridwerte im Serum
- Anomalien des Stickstoffstoffwechsels
- Gewichtsverlust
Bei Patienten unter parenteraler Langzeiternährung, die über Hyperglykämie mit peripherer Neuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems), Ataxie (Störungen der Gleichgewichtsregulation und der Bewegungskoordination) sowie Gewichtsverlust klagten, konnte der günstige Einfluss von Chrom auf die Glukosetoleranz entdeckt werden [5, 10]. Die Glukosetoleranz meint die Fähigkeit, die Zufuhr einer bestimmten Menge von Glucose zu ertragen, ohne dass pathologische (krankhafte) Blut- und Harnzuckerwerte auftreten.
Unter Chromgaben kam es zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome [5, 10].
Allgemein gilt bei parenteraler Ernährung eine intravenöse Zufuhr von > 20 µg Chrom pro Tag als Standard [3].
Einfluss auf Diabetes mellitus
Chrom spielt in Form des Glukosetoleranzfaktors auch für Diabetiker eine wesentliche Rolle.
Diabetiker leiden häufig unter Chrommangel – zu wenig Chrom in der Nahrung –, wodurch der Glukosetoleranzfaktor nur unzureichend gebildet werden kann. Aufgrund des geringen Angebots an Chrom beziehungsweise GTF geht Diabetes mellitus meist mit Hyperglykämie (erhöhte Blutzuckerwerte) einher [10].
Mit zunehmendem Ausmaß der Glucosestoffwechselstörung (Glukoseintoleranz) steigt bei Diabetikern der Bedarf an Chrom [2].
Eine mit Chromgaben erweiterte Diabetes-Diät führte zu folgenden Beobachtungen [13, 16]:
- Verbesserte Glukosetoleranz
- Erhöhte (Nüchtern-) Blutzuckerwerte
- Erniedrigte Insulinspiegel
- Geringere Gesamtcholesterin- und Triglyceridwerte
- Erhöhte HDL-Cholesterinspiegel
Weitere Untersuchungen an erwachsenen Diabetikern ergaben eine deutliche Verbesserung der Diabetes-Einstellung durch eine tägliche Gabe von 180-1.000 µg Chrom [2].
In einer jüngeren Metaanalyse von 15 randomisierten klinischen Studien konnte bei Nichtdiabetikern jedoch kein Einfluss der zusätzlichen Chromgaben auf die Glucose- oder Insulinkonzentration festgestellt werden [1]. Aufgrund einiger in dieser Metaanalyse untersuchten Studien aus China wurde der entsprechende Einfluss von Chrom bei Diabetikern als nicht ausreichend beweiskräftig beurteilt [1].
Bedeutung für die Gewichtsreduktion
Dem essentiellen Spurenelement Chrom wird eine gewichtsreduzierende Wirkung zugesprochen – im Vergleich zu sportlicher Aktivität ist dieser Effekt jedoch verschwindend gering [10].
So ergab eine Untersuchung mit 154 Erwachsenen, die bei kalorienreduzierter Diät über einen Zeitraum von 10 Wochen 200 beziehungsweise 400 µg Chrompikolinat pro Tag erhielten, einen erhöhten Anteil an Lean Body Mass (fettfreie Körpermasse), insbesondere an Muskelmasse, sowie einen Verlust an Körperfett [11].
In einer anderen Studie mit 33 übergewichtigen Frauen, die bei hypokalorischer Ernährung über einen Zeitraum von 12 Monaten täglich 200 µg Chrompikolinat aufnahmen, konnten hingegen keine Effekte auf das Körpergewicht beziehungsweise auf die Körperzusammensetzung festgestellt werden [14].
Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [19-21].
Literatur
- Althuis MD, Jordan NE, Ludington EA, WittesJT: Glucose and insulin responses to dietary chromium supplements: a meta-analysis. Am J Clin Nutr. 2002 Jul;76(1):148-5
- Anderson RA, Cheng N, Bryden NA, Polansky MM, Chi J, Feng J: Elevated Intakes of Supplemental Chromium Improve Glucose and Insulin Variables in Individuals with Type 2 Diabetes. Diabetes. 1997 Nov;46(11):1786-91.
- Anke M, Schümann K: Spurenelemente. In: Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W, Puchstein Ch, Stähelin HB (eds): Ernährungsmedizin.
2.Aufl., Thieme, Stuttgart, New York. 173-186. 1999 - Biesalski HK: Vitamine, Spurenelemente und Minerale. Indikationen, Diagnostik, Therapie. 3. Auflage, Georg Thieme Verlag, München 2024
- Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2017
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Domke A, Großklaus R, Niemann B, Przyrembel H, Richter K, Schmidt E, Weißenborn A, Wörner B, Ziegenhagen R (Hrsg.) Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte, Teil 2, BfR-Hausdruckerei Dahlem, 2004
- Davis CM, Sumrall KH, Vincent JB: A biologically active form of chromium may activate a membrane phosphotyrosine phosphatase (PTP). Biochemistry. 1996 Oct 1;35(39):12963-9.
- do Canto OM, Sargent T, Liehn JC: Chromium 3 metabolism in diabetic patients. In: Kinetic models of trace element and mineral metabolism. Subrananian KN, Wastney ME (Eds.) CRC Press, Boca Raton, FL, p. 205-219. 1995
- Elmadfa, Leitzmann: Ernährung des Menschen. 279-281. Verlag Eugen Ulmer Stuttgart; 2004; 4., korrigierte und aktualisierte Auflage
- Hahn A: Nahrungsergänzungsmittel. 180-182. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2001
- Kaats GR, Blum K, Fisher JA et al.: Effects of chromium picolinate supplementation on body composition: a randomized doublemasked placebo-controlled study. Current Therapeutic Research.Volume 57, Issue 10, 1996, Pages 747-756.DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0011-393X(96)80080-4
- Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 66. Urban & Fischer Verlag; Elsevier GmbH, München 2004
- Mooradian AD, Failla M, Hoogwerf B, Maryniuk M, Wylie-Rosett J: Selected vitamins and minerals in diabetes. Diabetes Care 1994 May; 17(5): 464-479. http://dx.doi.org/10.2337/diacare.17.5.464
- Pasman WJ, Westerterp-Plantenga MS, Saris WHM: The effectiveness of long-term supplementation of carbohydrate, chromium, fibre, and caffeine on weight maintenance. Int J Obes Relat Metab Disord. 1997 Dec;21(12):1143-51.
- Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. 262-265. Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2000
- Stoecker BJ: Chromium. In: Present knowledge in nutrition. Eighth edition. Bowman BA, Russell RM (Eds.) ILSI Press, Washington, DC, p. 366-372 (2001)
- Vincent JB: The biochemistry of chromium. J Nutr. 2000 Apr;130(4):715-8.
- Vincent JB: Quest for the molecular mechanism of chromium action and its relationship to diabetes. Nutr Rev. 2000 Mar;58(3 Pt 1):67-72.
- Hidgon J, Drake VJ: An Evidence-Based Approach to Vitamins and Minerals. Health Benefits and intake recommendations. 2nd Edition, Georg Thieme Verlag, München 2022
- Hahn A, Ströhle A, Wolters M. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2023
- Matissek R, Hahn A: Lebensmittelchemie. 10. Auflage, Springer Spektrum Verlag, Heidelberg 2023