Pyridoxin (Vitamin B6) – Nebenwirkungen
Obwohl Vitamin B6 ein wasserlösliches Vitamin ist und im Urin ausgeschieden wird, können sehr hohe Dosen über längere Zeitabschnitte schmerzhafte sensorische Neuropathien verursachen, die sich durch Schmerzen und Taubheitsgefühl in den Extremitäten äußert. In besonders schweren Fällen kann dem Patienten das Gehen sehr schwer fallen. Die sensorische Neuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems mit Störungen der Schmerzempfindung) entwickelt sich gewöhnlich, wenn mehr als 1.000 mg Vitamin B6 eingenommen werden. Es gibt aber auch Fallbeschreibungen von Personen die eine solche Neuropathie bei einer Dosis von „nur“ 500 mg täglich über den Zeitraum von mehreren Monaten entwickelten.
Als unerwünschte Effekte einer dauerhaft überhöhten Vitamin B6-Zufuhr wurden vor allem Störungen des Nervensystems und eine erhöhte Photosensitivität beobachtet [1-3].
Zu Störungen des Nervensystems in Form von peripherer Neuropathie und Ataxie (Gangstörungen) kam es in einer Studie an Frauen bei isolierter und hochdosierter Gabe von 500 bis 5.000 mg Vitamin B6 in einem Zeitraum von ein bis drei Jahren. Weitere Studien zeigten bei langfristiger Einnahme von 500 mg und bei der Zufuhr von 2.000 mg über ein Jahr ebenfalls Störungen des Nervensystems. Um negative Effekte auf das Nervensystem hervorzurufen sind in der Regel tägliche Zufuhrmengen von 500 bis 2.000 mg Vitamin B6 über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr nötig [2]. In seltenen Fällen wurden leichte neurologische Störungen schon bei dauerhafter Zufuhr von 50 mg Vitamin B6 pro Tag beobachtet.
Eine erhöhte Photosensitivität (übermäßige Empfindlichkeit für Licht) wurde bei täglicher Zufuhr von bis zu 2.500 mg Vitamin B6 (35 mg/kg Körpergewicht) über einen Zeitraum von vier Jahren festgestellt [1, 2]. In einer Einzelfallbeschreibung kam es bei einer täglichen Menge von 200 mg Vitamin B6 als Bestandteil eines Multivitaminpräparates ebenfalls zu einer erhöhten Photosensitivität.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ab einer Menge von 500 mg Vitamin B6 mit deutlichen negativen Effekten zu rechnen ist. Mengen von 200 mg pro Tag, eingenommen über zwei Jahre, sind mit einer geringen Häufigkeit für Nebenwirkungen verbunden. Bei einer geringeren Menge um die 100 mg sind unerwünschte Wirkungen bei dauerhafter Aufnahme (über drei Jahre) nicht gänzlich auszuschließen. Derartige Mengen sind weit entfernt von vorstellbaren Zufuhrmengen über die konventionelle Ernährung und vorschriftsmäßig dosierten Vitalstoffpräparaten. Ein NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) – die höchste Dosis eines Stoffes, die auch bei andauernder Aufnahme keine erkennbaren und messbaren negativen Auswirkungen hat – konnte aufgrund dieser uneinheitlichen Datenlage nicht festgelegt werden [1, 3].
Keine objektive Studie konnte jedoch Nervenschädigungen bei einer Dosis von bis zu 200 mg pro Tag belegen. Das U.S. Food and Nutrition Board (U.S. amerikanische Amt für Lebensmittel und Ernährung) hat daher die Tageshöchstdosis für Pyridoxin auf 100 mg täglich festgelegt. Weil Placebo-kontrollierte Studien bisher keine therapeutischen Nutzen von höheren Dosen gezeigt haben, gibt es keinen Grund, die empfohlene tägliche Höchstdosis von 100 mg pro Tag zu überschreiten.
Die sichere tägliche Höchstmenge für Vitamin B6 liegt – gemäß der European food safety authority (EFSA; Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) – bei 25 mg [1]. Die sichere tägliche Höchstmenge für Vitamin B6 entspricht dem ca. 18-fachen der empfohlenen Tagesdosis der EU (Nutrient Reference Value, NRV). |
Dieser Wert gilt für erwachsene Männer und Frauen sowie für Schwangere und Stillende [1].
Literatur
- Scientific Committee on Food (SCF) and Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA) of EFSA, Tolerable Upper Intake Levels for Vitamins and Minerals, European Food Safety Authority 2006, ISBN: 92-9199-014-0
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Domke A., Großklaus R., Niemann B., Przyrembel H., Richter K., Schmidt E., Weißenborn A., Wörner B., Ziegenhagen R. (Hrsg.); Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte Teil 1. BfR-Hausdruckerei Dahlem, 2004
- Hahn A, Ströhle A & Wolters M (2023). Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie (4. Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft