Vitamin C – Definition, Synthese, Resorption, Transport und Verteilung

Vitamin C gehört zur Gruppe der wasserlöslichen Vitamine und ist ein historisch interessantes Vitamin. Im Jahre 1933 wurde die Struktur von Vitamin C durch die Engländer Haworth und Hirst aufgeklärt. Im gleichen Jahr erfolgte die Bezeichnung des Vitamins als Ascorbinsäure durch Haworth und den ungarischen Biochemiker Szent-Györgyi. Zeitgleich stellten Haworth und der Schweizer Tadeus Reichstein voneinander unabhängig Vitamin C aus Glucose her (Reichstein-Synthese).

Aufgrund seiner antiskorbutischen Wirkung wird Ascorbinsäure auch als »Antiskorbutfaktor« bezeichnet (scorbutus; lat. = Skorbut) [16].

Vitamin C ist der Gattungsname für L-Threo-hex-2-enono-1,4-lacton und deren Derivate (Abkömmlinge), die qualitativ die biologische Wirkung von L-(+)-Ascorbinsäure aufweisen. Die Stereoisomere D-Ascorbinsäure, L-Isoascorbinsäure und D-Isoascorbinsäure (Erythrobinsäure) sind dagegen biologisch inaktiv [2, 10, 16, 17].

L-Ascorbinsäure besitzt ein starkes Redoxpotential (Reduktions-/Oxidationspotential) und ist in wässriger Lösung in Abhängigkeit vom Sauerstoffpartialdruck (Anteil des Sauerstoffs am Gesamtdruck innerhalb eines Gasgemisches), pH-Wert, Temperatur und Vorkommen von Schwermetallspuren leicht autoxidabel. Während das Vitamin in sauren wässrigen Lösungen (pH < 6) stabil bleibt, wird es in alkalischen Lösungen rasch oxidiert beziehungsweise zersetzt. Spuren von Schwermetallen, vor allem Eisen- und Kupferionen, beschleunigen katalytisch den zerstörenden Oxidationsprozess. Säuren, wie Citronensäure, Mono- und Polysaccharide, Peptide und Flavonoide können hingegen die oxidative Zersetzung der Ascorbinsäure erheblich reduzieren und wirken somit als Schutzstoffe [16, 17].

Beim Oxidationsprozess wird L-Ascorbinsäure über das reaktionsfähige Zwischenprodukt Semidehydroascorbinsäure – Abgabe eines Elektrons – reversibel (umkehrbar) zu Dehydroascorbinsäure (DHA) – Abgabe zweier Elektronen – umgewandelt. DHA ist eine sehr reaktionsfähige Verbindung, die mit Aminoverbindungen in (Trocken-)Früchten oder Fruchtsäften Kondensationsreaktionen eingeht, was sich in einer unerwünschten Bräunung der Produkte äußert [11]. DHA kann durch Öffnung des Lactonrings mittels Hydratation (Anlagerung von Wassermolekülen) irreversibel (unumkehrbar) zur vitaminunwirksamen 2,3-Diketogulonsäure – Ausscheidungsmetabolit – beziehungsweise durch Reduktion mittels Glutathion (GSH; bestehend aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin) reversibel zu Ascorbinsäure überführt werden [2, 16, 17]. Schließlich stellt L-Ascorbinsäure mit Semidehydro- und Dehydroascorbinsäure ein reversibles Redoxsystem dar, woraus sich die antioxidative Wirkung des Vitamins C ergibt [2, 3, 10, 13].

Synthese

L-Ascorbinsäure ist ein 2,3-Endiol-L-Gulonsäure-gamma-Lacton und wird von höheren Pflanzen und den meisten Tieren über den Glucuronatweg aus D-Glucose synthetisiert [2, 11, 14, 16, 17].

Der Glucuronatweg beinhaltet folgende Syntheseschritte:

  • D-Glucose → D-Glucuronsäure → L-Gluconsäure → L-Gulonolacton → 3-Oxo-L-gulonolacton → L-(+)-Ascorbinsäure [2, 10, 11, 16, 17]

Die Oxidation von L-Gulonolacton zu 3-Oxo-L-gulonolacton erfolgt durch das Enzym L-Gulonolacton-Oxidase. Menschen, Menschenaffen sowie Meerschweinchen und einige Insektenarten, darunter auch Heuschrecken, sind aufgrund einer Genmutation nicht in der Lage, die L-Gulonolacton-Oxidase endogen (im Körper selbst) zu synthetisieren, weshalb sie auf eine exogene Vitamin C-Zufuhr über die Nahrung angewiesen sind [11, 14, 15].

Während die Biosynthese von L-Ascorbinsäure bei Säugetieren in der Leber abläuft, wird Vitamin C bei Vögeln in der Niere synthetisiert [1].

Resorption

Oral aufgenommene Ascorbinsäure wird bereits durch die Mundschleimhaut geringfügig resorbiert (aufgenommen), vermutlich durch einen Carrier-vermittelten, nicht aktiven Prozess, wobei der Carrier (membranständiges Transportprotein) eine hohe Transportkapazität aufweist [2, 3]. Hauptresorptionsorte stellen jedoch das Duodenum (Zwölffingerdarm) und proximale Jejunum (Leerdarm) dar [11, 16, 17].
Der Mechanismus der duodenalen beziehungsweise jejunalen Vitamin C-Resorption ist artspezifisch und dosisabhängig. Bei Ratten und Hamstern erfolgt die intestinale Aufnahme von L-Ascorbinsäure mittels einfacher Diffusion. Menschen und Meerschweinchen resorbieren niedrige Dosen L-Ascorbinsäure stereoselektiv durch ein aktives Natrium-Kalium-ATPase (Na+/K+-ATPase)-getriebenes Transportsystem [11, 16]. Bisher konnten zwei Transportproteine – SCVT1 und SCVT2 – identifiziert werden, die L-Ascorbinsäure nach einer Sättigungskinetik in die Mukosazellen (Schleimhautzellen) des oberen Dünndarms überführen [10, 14]. Hohe Dosen an L-Ascorbinsäure werden zusätzlich passiv mittels Diffusion absorbiert, da erhöhte Vitamin C-Konzentrationen die Aktivität der Na+/K+-ATPase reduzieren [10, 11, 16].
Im Gegensatz zu L-Ascorbinsäure passiert die oxidierte Form DHA die Enterozytenmembran (Membran der Darmepithelzellen) ausschließlich durch erleichterte Diffusion [1, 16].

Mit steigender verabreichter Vitamin C-Dosis sinkt die Resorptionsrate, einerseits aufgrund der Downregulation (Herunterregulation) der transmembranen Vitamin C-Transportproteine in den Enterozyten (Epithelzellen) des oberen Dünndarms bei hohem Vitamin C-Gehalt im Darmlumen und andererseits aufgrund der Ineffektivität des passiven Resorptionsweges gegenüber dem aktiven Transportmechanismus [14, 16]. So werden im Rahmen der üblichen Nahrungsaufnahme beziehungsweise oralen Dosis bis 180 mg/Tag zwischen 80-90 %, bei einer Dosis von 1 g (1.000 mg)/Tag etwa 65-75 %, bei 3 g (3.000 mg)/Tag etwa 40 % und bei 12 g (12.000 mg)/Tag nur noch circa 16 % des Vitamins C resorbiert [5, 12].

Nicht resorbiertes Vitamin C wird von der Dickdarmflora hauptsächlich zu Kohlendioxid (CO2) und organischen Säuren abgebaut. Aus diesem Grund kann die Zufuhr hoher Vitamin C-Dosen gastrointestinale (Magen-Darm-) Beschwerden, wie Diarrhoe (Durchfall) und Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen), zur Folge haben [16].

Transport und Verteilung im Körper

Resorbiertes und im Blutplasma erscheinendes Vitamins C – 0,8-1,4 mg/dl – ist zu 24 % an Protein gebunden und verteilt sich im gesamten Organismus, allerdings mit unterschiedlicher Affinität (Bindungsstärke) zu den Geweben.

Besonders reich an Vitamin C beim Menschen in absteigender Konzentration sind:

  • Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)
  • Nebenniere
  • Augenlinse
  • Leukozyten (weiße Blutkörperchen, vor allem Lymphozyten (zelluläre Bestandteile des Blutes; sie umfassen die B-Zellen, T-Zellen und die natürlichen Killerzellen)
  • Gehirn
  • Leber
  • Pankreas (Bauchspeicheldrüse)
  • Milz
  • Niere
  • Myokard (Herzmuskel)
  • Lunge
  • Skelettmuskel
  • Testes (Hoden)
  • Schilddrüse [11, 16]

In den Leukozyten beziehungsweise Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) befindet sich Vitamin C vorrangig im Zytosol [16].

Der Mensch verfügt über keine speziellen Speicher für Ascorbinsäure. Jede übermäßige Zufuhr wird nicht resorbiert beziehungsweise fäkal (über den Stuhl) und/oder renal (über die Niere) eliminiert. Der Ascorbinsäurepool des Menschen beträgt bei voller Sättigung etwa 1,5 bis maximal 3 g. Ein Absinken des Gesamtkörperpools auf Werte unterhalb von 300 mg – Vitamin C-Plasmakonzentration ≤ 0,2 mg/dl – führt zu Mangelerscheinungen – Skorbut gilt als klassische klinische Vitamin C-Mangelsymptomatik [1]. Der tägliche Gesamt-Turnover (Umsatz) liegt bei circa 1 mg/kg Körpergewicht, hängt von Poolgröße und täglicher Aufnahme ab und wird durch Stress, Rauchen und chronische Erkrankungen beeinflusst. Die biologische Halbwertszeit von Vitamin C variiert aufgrund der homöostatischen Regulation zwischen 10-30 Tagen, während die pharmakokinetische Halbwertszeit im Gegensatz dazu nur durchschnittlich 2,9 Stunden beträgt [1, 2, 10, 11, 16].

Ausscheidung

Der Abbau von L-Ascorbinsäure in Leber und Niere erfolgt oxidativ über Dehydroascorbinsäure und 2,3-Diketogulonsäure zu Oxalsäure [11].

Bei einer physiologischen Vitamin C-Zufuhr – Plasmakonzentration 1,2-1,8 mg/dl; Gesamtkörperpool ~ 1,5 g – werden Ascorbinsäure (10-20 %) und deren wichtigste Metabolite (Zwischenprodukte) DHA (ca. 20 %), 2,3-Diketogulonsäure (ca. 20 %) und Oxalsäure (ca. 40 %) über die Nieren ausgeschieden, da die Vitamin C-Plasmakonzentration die Rückresorptionskapazität der Niere – Nierenschwelle für Vitamin C > 1 mg/dl – wesentlich überschreitet [1, 3, 10, 16]. Daneben sind noch eine Reihe weiterer Metabolite beschrieben worden, wie L-Threonsäure, L-Xylose und Ascorbinsäure-2-sulfat, die überwiegend renal eliminiert werden [1, 4, 6, 16].
Die renale Elimination von Vitamin C ist weniger ein Maß für die Resorption als vielmehr ein Anhaltspunkt für die gesamte Gewebssättigung [16].

Etwa 35-50 % der täglichen Oxalsäuremenge im Harn (ca. 30-40 mg) stammen beim gesunden Erwachsenen, der eine normale Ernährungsweise aufweist, aus Ascorbinsäure [11]. Dabei scheint die Vitamin C-induzierte Ausscheidung von Oxalsäure in der gesunden Bevölkerung keine Rolle bei der Bildung von Calciumoxalatsteinen zu spielen. Nach den prospektiven Kohortenstudien der Harvard School of Public Health – Physician Health Study (PHS) und Nurses´ Health Study (NHS) – mit 45.251 Männern und 85.557 Frauen ohne Vorgeschichte mit Nierensteinleiden gehen selbst hohe Vitamin C-Dosen (≥ 1,5 g Vitamin C/Tag) mit keinem erhöhten Risiko für eine Nephrolithiasis (Nierensteine) einher [7, 8]. Gerster (1997), der eine Übersicht über mehrere klinische Interventions- und prospektive Studien einschließlich der NHS/PHS-Studien lieferte, kommt zur gleichen Schlussfolgerung [9]. Patienten mit rezidivierender Nephrolithiasis (Nierensteine), eingeschränkter Nierenfunktion oder einem Defekt im Ascorbinsäure- beziehungsweise Oxalatmetabolismus sollten jedoch ihre Vitamin C-Zufuhr auf 50-100 mg pro Tag beschränken [9, 16].

Unterhalb einer Plasmakonzentration von 1,2 mg/dl wird Ascorbinsäure durch einen aktiven, natriumabhängigen Prozess mittels eines Carriers (membranständigen Transportproteins) im proximalen Tubulus (Nierenkanälchen) rückresorbiert. Mit sinkendem Vitamin C-Gehalt im Blutplasma steigt die tubuläre Rückresorptionsrate [1, 3, 4, 10, 16, 17].

Unter normalen Bedingungen werden etwa 3 % des oral aufgenommenen Vitamin C unverändert und/oder in Form von Metaboliten mit dem Stuhl ausgeschieden. Die fäkale Elimination gewinnt bei hohen Vitamin C-Dosen zunehmend an Bedeutung, sodass bei einer täglichen Zufuhr von > 3 g Vitamin C nichtmetabolisierte Ascorbinsäure größtenteils fäkal (über den Stuhl) und nur zu einem geringen Teil durch glomeruläre Filtration renal (über die Niere) ausgeschieden wird [1, 4, 16, 17].

Des Weiteren wurden die folgenden Fachbücher für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [18, 19].

Literatur

  1. Bässler KH, Grühn E, Loew D, Pietrzik K: Vitamin-Lexikon für Ärzte, Apotheker und Ernährungswissenschaftler. 3. Auflage. Urban & Fischer, München 2002
  2. Biesalski HK: Vitamine, Spurenelemente und Minerale. Indikationen, Diagnostik, Therapie. 3. Auflage, Georg Thieme Verlag, München 2024
  3. Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2017
  4. Blanchard J, Toze TN, Rowlan M: Pharmacokinetic perspectives on megadoses of ascorbic acid. Am J Clin Nutr November 1997 vol. 66 no. 5 1165-1171. doi.org/10.1093/ajcn/66.5.1165
  5. BPI: Fachinformationen des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (Stand Mai 2000)
  6. Constance ST: An overview of ascorbic acid chemistry and biochemistry. In: Packer L, Fuchs J, eds. Vitamin C in Health and Disease. New York: Marcel Dekker; 25-58. 1997
  7. Curhan GC, Willett WC, Rimm EB, Stampfer MJ: A prospective study of the intake of vitamins C and B6, and the risk of kidney stones in men. J Urol. 1996 Jun;155(6):1847-51.
  8. Curhan GC, Willett WC, Speizer FE, Stampfer MJ: Intake of vitamins B6 and C and the risk of kidney stones in women. J Am Soc Nephrol. 1999 Apr;10(4):840-5.
  9. Gerster H: No contribution of ascorbic acid to renal calcium oxalate stones. Ann Nutr Metab 1997;41:269-282 DOI:10.1159/000177954
  10. Hahn A, Ströhle A, Wolters M. Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2023
  11. Hänsel R, Sticher O: Pharmakognosie – Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010
  12. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 10. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München 2004
  13. Leitzmann C, Müller C, Michel P et al.: Ernährung in Prävention und Therapie. Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG 2005
  14. MacDonald L, Thumser AE, Sharp P: Decreased expression of the vitamin C transporter SVCT1 by ascorbic acid in a human intestinal epithelial cell line. Br J Nutr. 2002 Feb;87(2):97-100.
  15. Nishikimi M, Yagi K: Molecular basis for the deficiency in humans of gulonolactone oxidase, a key enzyme for ascorbic acid biosynthesis. Am J Clin Nutr. 1991 Dec;54(6 Suppl):1203S-1208S.
  16. Pietrzik K, Golly I, Loew D: Handbuch Vitamine. Für Prophylaxe, Beratung und Therapie. Urban & Fischer Verlag, München 2008
  17. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Orthomolekulare Prävention und Therapie. 1. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München 2004
  18. Hidgon J, Drake VJ: An Evidence-Based Approach to Vitamins and Minerals. Health Benefits and intake recommendations. 2nd Edition, Georg Thieme Verlag, München 2022
  19. Matissek R, Hahn A: Lebensmittelchemie. 10. Auflage, Springer Spektrum Verlag, Heidelberg 2023